Heißester April seit 1950 Spanien ächzt unter extremer Hitzewelle: "So kann man nicht arbeiten"

Eine Frau trinkt Wasser, um sich bei den hohen Temperaturen in Sevilla abzukühlen,
Eine Frau trinkt Wasser, um sich bei den hohen Temperaturen in Sevilla abzukühlen, da sich Spanien auf eine frühe Hitzewelle vorbereitet.
© Cristina Quicler / AFP
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STORY: Das Thermometer zeigte am Mittwochnachmittag in der spanischen Hauptstadt Madrid deutlich über 30 Grad. In Spanien herrschen derzeit ungewöhnlich hohe Temperaturen für diese Jahreszeit. Seit Beginn der Woche würden Temperaturen erreicht, die typisch für den Sommer seien, berichtete der Wetterdienst. Er rechnet mit den heißesten Apriltagen seit 1950. Touristen und Einheimische müssen nun mit der sengenden Hitze klarkommen, so wie diese Frau aus England: "Da es Frühling ist, dachten wir, dass es hier nicht zu heiß sein würde, aber wow! Das ist eine totale Überraschung, es ist brütend heiß, aber auch wunderschön. Die Leute sind nett, wir haben eine tolle Zeit, die Atmosphäre ist wunderbar. Wir können uns also nicht beklagen, aber wir müssen heute nach Hause zurück. In den Regen." Nicht alle sehen das so entspannt. Besonders hart sind die Temperaturen für diejenigen, die bei dieser Hitze körperlich arbeiten müssen. Und es soll mindestens noch bis Freitag heiß bleiben. "Nun, die Kleidung, die wir haben, ist aus Acryl. Wir haben nichts, das uns hilft, nicht zu schwitzen, wir haben nichts. Ich werde keine Namen nennen, aber der Chef wusste nicht einmal, welche Kleidung wir tragen und woraus sie besteht." Experten führen die immer häufiger auftretenden hohen Temperaturen auf den Klimawandel zurück. Außerdem herrscht in Spanien seit vielen Monaten Trockenheit. Im Zusammenspiel mit der Hitze warnen die Behörden vor einer erhöhten Waldbrandgefahr.
In Spanien herrschen derzeit ungewöhnlich hohe Temperaturen – teilweise weit über 30 Grad Celsius. Besonders hart ist es für diejenigen, die bei dieser Hitze körperlich arbeiten müssen.

Im Süden Spaniens sind die Menschen an Hitze gewöhnt – aber dieser Tage ist es sogar für Hartgesottene zu viel. "So kann man nicht arbeiten", klagte die Köchin eines Restaurants vor der Kamera des TV-Senders RTVE. "Selbst viel Wasser und Ventilator helfen nicht." Eine Extremhitze mit Temperaturen von örtlich deutlich über 35 Grad lässt die Spanier schon seit Anfang der Woche schwitzen und schimpfen. Am Donnerstag erreichte das von "einer sehr warmen und trockenen Luftmasse" aus Afrika verursachte Phänomen nach Angaben des nationalen Wetterdienstes Aemet einen Höhepunkt, nach den Vorhersagen bleibt es auch am Freitag heiß.

Spanien: Hitzerekorde im April

Auf den Straßen wischten sich Männer im Anzug den Schweiß von der Stirn. Vor Eisdielen bildeten sich lange Schlangen. Auch in Brunnen und klimatisierten Einkaufszentren suchten die Menschen nach Abkühlung. Solche Bilder sah man fast überall im Land. Unerträglich war es in den andalusischen Provinzen Sevilla und Córdoba, wo die Temperaturen am Donnerstag und Freitag nach Aemet-Prognose nachmittags auf mindestens 38 Grad klettern sollten. Die offiziellen Werte gibt Aemet erst am darauffolgenden Tag bekannt.

Laut der 1887 gegründeten Wetterbehörde wurden diese Woche bereits vor dem Hitze-Höhepunkt in mehreren andalusischen Städten April-Rekorde gebrochen: Etwa in Córdoba, wo die bisherige Höchstmarke von 34,0 Grad am Dienstag mit 35,1 Grad gleich deutlich übertroffen wurde. "Das Inferno ist schon da", titelte die Zeitung "Diario Córdoba".

40 Grad nicht ausgeschlossen

"Es ist nicht ausgeschlossen, dass irgendwo im andalusischen Hinterland am Freitag 40 Grad gemessen werden", wurde Meteorologe Miguel Ángel Viñas am Donnerstag in der Zeitung "La Vanguardia" zitiert. Diese Marke wurde nach Angaben von Aemet auf dem spanischen Festland im April noch nie gemessen.

Auch auf Mallorca, wo nach Medienberichten schon vor dem langen Wochenende Tausende Touristen vor allem aus Deutschland und Großbritannien eintrafen, stiegen die Temperaturen. Im Süden der Insel mit dem "Ballermann" sollte es bei maximal 30 Grad vergleichsweise erträglich bleiben. Ziemlich heiß dagegen sollte es laut Aemet am Donnerstag und Freitag mit bis zu 34 Grad in Sa Pobla und Inca im Norden der Insel werden.

Die frühe Extremhitze, die von einer seit Monaten dauernden Dürre begleitet wird, führen Experten auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurück. Aemet-Sprecher Rubén del Campo warnte: "Eines ist klar: Der Klimawandel verstärkt extreme Wetterereignisse." Man rechne mit den heißesten Apriltagen seit 1950, wurde er in der Digitalzeitung "El Confidencial" zitiert.

Gefahr von Waldbränden

Hitze und Trockenheit erhöhten die Gefahr von Waldbränden, warnte Aemet. 2022 war für Spanien das verheerendste Waldbrand-Jahr seit Beginn der Erfassungen des Europäischen Waldbrandinformationssystems EFFIS. Nach Messungen des Erdbeobachtungssystems Copernicus wurde voriges Jahr bei 493 größeren Bränden eine Fläche von 306 000 Hektar zerstört – das sind mehr als 3000 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Das Saarland ist knapp 2570 Quadratkilometer groß.

Nicht nur die Umwelt ist bedroht: Spanische Ärzteverbände warnten diese Woche vor allem Herzkranke. Das Herz müsse bei Hitze mehr arbeiten als bei kühlen Temperaturen.

Auch Landwirte machen sich Sorgen: Jaume Pocoví vom mallorquinischen Bauernverband "Unió de Pagesos" sagte der Regionalzeitung "Última Hora", wegen des Mangels an Regen seien die Johannisbrot- und Mandelernten in Gefahr. Die Lage für die Landwirte auf dem Festland sei aber schlimmer.

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Freibäder öffnen früher

Hitze und Dürre riefen die Zentralregierung und die Regionalbehörden auf den Plan. In Madrid, wo seit Tagen um die 30 Grad gemessen werden, beschloss die Regionalregierung am Mittwoch, die öffentlichen Freibäder schon Mitte Mai und damit einen Monat früher als üblich zu eröffnen, die Schulzeiten anzupassen, die Lage in Sozial- und Gesundheitszentren öfter zu kontrollieren und U-Bahnen und Busse häufiger fahren zu lassen, um größere Menschenansammlungen und lange Wartezeiten zu vermeiden.

Das Gesundheitsministerium in Madrid schlug am Donnerstag den Regionen des Landes vor, den Nationalen Aktionsplan zum Hitzeschutz dieses Jahr bereits am 15. Mai und nicht erst am 1. Juni in Kraft treten zu lassen, wie RTVE berichtete. Dieser Plan wurde 2003 aufgestellt. Er sieht vor allem Informationskampagnen vor, die die Menschen über Gesundheitsrisiken und den Schutz vor Hitze aufklären.

DPA · Reuters
mh

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