"Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal": Mit diesen drastischen Worten beschreibt UN-Generalsekretär António Guterres auf der Weltklimakonferenz im November den Ernst der Lage. Wie real die Auswirkungen des Klimawandels geworden sind, hat das Jahr 2022 rund um den Globus auf extreme Art und Weise gezeigt.
In Europa war der diesjährige Sommer laut dem "Copernicus-Klimawandeldienst" der heißeste seit Beginn der Messungen vor mehr als 140 Jahren. In Deutschland wurden Rekord-Tiefstände in Flüssen und Rekord-Trockenheit gemessen, in Portugal und Großbritannien neue Hitzerekorde aufgestellt. China erlebte die längste und schlimmste Hitze seit Beginn der Aufzeichnungen vor rund 60 Jahren, in der Sahelzone in Afrika ging die katastrophale Dürre weiter. Extreme Trockenheit gab es auch in Nordamerika, ebenso wie Rekordtiefstände in Flüssen und Seen.
Klimapolitik hinkt hinterher – Proteste werden radikaler
Dass der Klimawandel für die Häufung der Extreme verantwortlich ist, hat die Wissenschaft unlängst bewiesen. Doch Fakt ist auch, dass Regierungen weltweit längst nicht genug für eine nachhaltige Energiewende tun.
Die Hoffnung hat sich zerschlagen, dass der Rückgang der CO2-Emissionen um 5,4 Prozent infolge der Corona-Pandemie und der Wirtschaftseinbrüche eine Trendwende war. Die Emissionen liegen nach vorläufigen Daten in den ersten Monaten 2022 schon wieder höher als im gleichen Zeitraum vor der Pandemie. Die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre erreicht Rekorde, ebenso der Wärme-Inhalt (OHC) der Ozeane, wie Klimaexperte Kevin Trenberth von der Universität Auckland sagt. "Außergewöhnlich warme Tiefengewässer im tropischen Westpazifik deuten das nächste El-Niño-Ereignis 2023 an, das möglicherweise zu weiteren globalen Temperaturrekorden im Jahr 2024 führen wird, wenn ein Teil der Meereswärme in die Atmosphäre zurückkehrt", warnt er.
So ist es kaum verwunderlich, dass auch die Protestaktionen von Klima- und Umweltaktivisten immer radikaler werden - Stichwort "Klima-Kleber und Kartoffelbrei".
Forschung: Klimawandel sorgt für mehr Extremwetter-Ereignisse
Während die Politik also weiter hinterherhinkt, hat die Klimawissenschaft entscheidende Fortschritte gemacht. Insbesondere das recht junge Feld der Attributionsforschung hat sich 2022 rasant weiterentwickelt. Die Forschenden untersuchen anhand von Modellrechnungen, inwieweit der Klimawandel für ein Extremwetter-Ereignis verantwortlich ist.
Die Ergebnisse vom Imperial College in London zeigen deutlich: Der Klimawandel hat die extreme Trockenheit in Deutschland und anderswo in diesem Jahr 20 mal wahrscheinlicher gemacht. Die extremen Regenfälle in den pakistanischen Provinzen Sindh und Balochistan waren 75 Prozent intensiver als sie es ohne die globale Erwärmung gewesen wären. Und in Westafrika hat der Klimawandel den Starkregen, der von Juni bis Oktober verheerende Überschwemmungen verursachte, 80 mal wahrscheinlicher gemacht.
Quellen: "Copernicus-Bericht", "Tagesschau", "RND", mit DPA- und AFP-Material