Der 520 Lichtjahre entfernte Exoplanet Planet 8 UMi b sollte eigentlich gar nicht mehr existieren. Die Sonne, die er Zeit seines Lebens umkreiste, hätte ihn auffressen müssen – wie das sterbende Sterne eben so tun. Doch aus irgendeinem Grund weigerte sich 8 UMi b in Flammen aufzugehen. "Leben nach dem Tod", titelte das Keck-Oberservatorium auf Hawaii, dessen Mitarbeiter das kosmische Wunder entdeckten.
Aufgeblähter Tod: Wenn Sterne sterben
Die Forscher tauften den weit entfernten Brocken im Sternbild Kleiner Bär, den koreanische Astronomen 2015 entdeckten, später aus ersichtlichen Gründen um: Sie nannten ihn Halla – nach dem höchsten Berg in Südkorea. Er gehört zur Klasse der "Heißen Jupiter": Exoplaneten, deren Masse mindestens dem größten Planten unseres Sonnensystems entspricht, aber eine deutlich höhere Oberflächentemperatur haben.
"Halla ist eine Art verbotener Planet", sagte Nasa-Mitarbeiter Marc Hon von der Universität von Hawaii in Manoa gegenüber der "New York Times". Hon gehört zum Forscherteam, die das Ereignis diese Woche im US-Fachmagazin "Nature" veröffentlichten.
Was Halla so "verboten" macht, ist seine reine Existenz. Schließlich hätte seine Sonne ihn eigentlich auslöschen müssen. Wenn Sternen das Brennmaterial ausgeht und sie das Ende ihres Lebens erreichen, blähen sie sich in gewaltigem Maße auf. Dabei schlucken diese Roten Riesen die Planeten in ihrer Umlaufbahn – einen nach dem anderen. Dass Sterne die sie umgebenden Begleiter mit in den Tod reißen, wurde lange vermutet und kürzlich das erste Mal direkt nachgewiesen.
Genau dieses Schicksal hätte auch Halla ereilen sollen. Mithilfe des Weltraumteleskops "Transiting Exoplanet Survey Satellite" der Nasa stellten die Astronomen fest, dass der Wirtsstern Baekdu bereits Helium verbrannte. Genau das tun Sterne erst, nachdem sie ihren Wasserstoffvorrat, mit dem sie Kernfusion betreiben, vollständig aufgebraucht haben. Ein Stern wie Baekdu, der auf Helium ausweicht, befindet sich buchstäblich im ausgedehnten Todeskampf – müsste also bereits nahe gelegene Planeten absorbiert haben. Und Halla war nahe genug dran: Der Exoplanet umkreist seinen Wirtsstern in einer Entfernung von rund 69 Millionen Kilometer, also ungefähr dem halben Abstand von Erde und Sonne.
Planetare Überlebenstheorien
"Wir glauben einfach nicht, dass Halla die Absorption durch einen expandierenden roten Riesenstern überlebt haben könnte", sagt Astronom Studien-Mitautor Daniel Huber gegenüber CNN. "Dieser Planet dürfte heute nicht mehr existieren!", glaubt auch sein Kollege Hon. Da stellt natürlich die Frage: Warum tut er es dann doch? Warum wurde Halla nicht gegrillt? Dazu haben die Wissenschaftler mehrere Theorien. Zwei davon:
- Doppeltes Glück: Möglich wäre zum einen, dass der Exoplanet vor langer Zeit nicht einen, sondern zwei Sterne umkreiste – wie der Wüstenplanet Tatooine in Star Wars. Der heutige Wirtsstern Baekdu könnte durch die Verschmelzung seiner Vorgänger entstanden sein. In diesem ursprünglichen Doppelsternsystem wäre ein kleinerer Weißer Zwerg mit einem sich ausdehnenden Roten Riesen kollidiert. Das wiederum hätte die Expansion des "großen Bruders" vorzeitig beendet – und Halla vor einem feurigen Ende bewahrt.
- Planet der zweiten Generation: Eine andere Erklärung: Halla war nie in Gefahr, er war noch gar nicht da, als es hätte eng werden müssen. Der Exoplanet könnte nicht trotz des stellaren Aufblähens, sondern genau deswegen existieren. In dieser Theorie wurde Halla in der bei der Kollision der Doppelsterne verursachte Gaswolke geboren. Halla wäre sozusagen ein Nachkomme der zweiten Generation.
In jedem Fall beweist die Halla, dass Planeten auch an den vermeintlich unmöglichsten Orten existieren können.
Auch unsere Sonne könnte die Erde eines Tages verschlingen
Über den Berg ist Halla allerdings nicht. Baekdu, der circa 1,6 mal so viel Masse mitbringt wie unsere Sonne, wird sich eines Tages wieder aufblähen. "Dieser Planet ist vielleicht einmal dem Tod entgangen, aber es ist unwahrscheinlich, dass er weiterleben wird, sobald der Stern sich ausdehnt", erklärt Hon.
15 Alltags-Technologien, die es ohne die Raumfahrt nicht gäbe

In den 90er-Jahren hat ein Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa Kameralinsen entwickelt, die klein genug sind, um sie an Raumfahrzeugen für interplanetare Missionen anzubringen – und die bei geringem Energieverbrauch Fotos von hoher Qualität schießen. Das Resultat nahm nicht nur bedeutend weniger Platz weg, sondern war auch kostengünstiger zu produzieren als alle anderen Bildsensoren. JPL zufolge ist diese Technologie auch heute noch in einem Drittel aller Kameras verbaut – unter anderem in Handys, Digitalkameras und medizinischen Apparaturen
Auch unserer Erde steht übrigens dieses Schicksal bevor. Aber keine Sorge: Das hat noch Zeit, schätzungsweise fünf Milliarden Jahre. Unsere Sonne befindet sich sozusagen gerade einmal in ihrer Midlife-Crisis. Doch am Ende wird sie sich auf das Hundertfache ihrer heutigen Größe ausdehnen – und unsere Heimat wahrscheinlich verschlingen.
Quellen: "space.com"; "New York Times"; CNN; "Science News"