Afghanistan Isaf fasst Führungsmitglied von Haqqani-Netzwerk

Seit Wochen schwelt Streit zwischen den USA und Pakistan um das berüchtigte Haqqani-Netzwerk, das von Pakistan aus Anschläge im benachbarten Afghanistan verübt. Jetzt ging der Schutztruppe Isaf dort ein mutmaßlicher Anführer ins Netz.

Die Nato hat in Afghanistan den dortigen Anführer des für blutige Anschläge verantwortlich gemachten Haqqani-Netzwerks gefasst. Hadschi Mali Chan, der Onkel des Haqqani-Chefs Siradschuddin Haqqani, sei am Dienstag im Südosten Afghanistans gefasst worden, erklärte die Nato-Truppe Isaf am Samstag. Das Haqqani-Netzwerk ist mit den radikalislamischen Taliban und dem Terrornetzwerk El Kaida verbündet und hat seine Hochburg in Pakistan.

Mali Chan sei der "ranghöchste Haqqani-Kommandeur in Afghanistan", erklärte die Isaf. "Er soll direkt seinem Neffen Siradschuddin Haqqani, dem Chef des Netzwerks, unterstanden haben, Stützpunkte geleitet und Aktionen in Afghanistan und Pakistan überwacht haben." Der Isaf zufolge holte Mali Chan für "terroristische Aktivitäten" Kämpfer von Pakistan nach Afghanistan. Seine Festnahme sei ein "bedeutender Meilenstein" in den Bemühungen, das Netzwerk zu zerschlagen.

Ein Sprecher des afghanischen Geheimdienstes NDS, Lutfullah Maschal, bestätigte die Festnahme, machte aber andere Angaben zum verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen Mali Chan und dem Haqqani-Chef. "Wir wissen, dass er zur Familie von Siradschuddin Haqqani gehört, aber wir wissen nicht, ob er ein direkter Cousin ist. Vielleicht ist er der Cousin eines Cousins." Er wisse nicht, ob der Festgenommene "ein aktiver Haqqani-Kommandeur" sei, fügte Maschal hinzu und verwies bei Fragen an die Isaf.

Streitpunkt zwischen USA und Pakistan

Der Nato-Truppe zufolge wurde Mali Chan in der südöstlichen Provinz Paktia nahe der Grenze zu Pakistan bei einem gemeinsamen Einsatz von Isaf und afghanischer Armee gefasst. Als Hochburg des Haqqani-Netzwerks gilt Nord-Waziristan in der pakistanisch Grenzregion zu Afghanistan. Das Netzwerk ist benannt nach dem Clanchef Dschalaluddin Haqqani, der in den 80er Jahren mit Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan kämpfte. Dschalaluddin Haqqani gehört dem Obersten Rat der Taliban an, die Leitung des Netzwerks übertrug er seinem Sohn Siradschuddin.

In ungewöhnlich scharfer Form hatte US-Generalstabschef Mike Mullen vergangene Woche Pakistan vorgeworfen, das Haqqani-Netzwerk zu unterstützen. Mullen bezeichnete das Haqqani-Netzwerk als bewaffneten "Arm" des pakistanischen Geheimdienstes ISI. Pakistan drohte daraufhin mit einem Ende der strategischen Partnerschaft mit den USA, sollten diese Islamabad weiterhin der Unterstützung des Terrorismus beschuldigen.

US-Präsident Barack Obama hatte am Freitag in einem Interview zwar nicht Mullens Äußerungen in Bezug auf Pakistan bekräftigt. Er sagte jedoch, Islamabad müsse sich "um dieses Problem kümmern". Es herrsche "Frustration" darüber, "dass es sichere Rückzugsorte gibt, darunter in Pakistan einen Rückzugsort für das Haqqani-Netzwerk".

Das Haqqani-Netzwerk soll für einige der schwersten Anschläge in Afghanistan verantwortlich sein. Der US-Botschafter in Afghanistan, Ryan Crocker, hatte es für den Großangriff auf das Diplomatenviertel in Kabul Mitte September verantwortlich gemacht, bei dem die US-Botschaft und das NATO-Hauptquartier mit Gewehren und Panzerfäusten beschossen wurden. Das Netzwerk soll auch für einen Angriff auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul im Juni verantwortlich gewesen sein. Ende Juni hatte die Nato die Tötung des stellvertretenden Chefs des Haqqani-Netzwerks in Afghanistan, Ismail Jan, bekanntgegeben.

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kng/AFP/DPA