US-Präsident Barack Obama will den Afghanistan-Krieg während seiner Zeit im Weißen Haus beenden. "Ich würde es vorziehen, nichts dem nächsten Präsidenten zu hinterlassen", sagte Obama, der den Afghanistan-Konflikt von seinem Vorgänger George W. Bush "geerbt" hat, am Mittwoch in einem Interview des Senders CNN. "Was ich gern hätte ist, dass der nächste Präsident kommt und sagt: Ich habe einen reinen Tisch erhalten." Obamas derzeitige Amtsperiode endet im Januar 2013, danach könnte er sich für eine zweite vierjährige Amtszeit zur Wiederwahl stellen.
Obama ist nach eigenen Angaben einer Entscheidung über den künftigen Afghanistan-Kurs "sehr nahe" und will sie "in den nächsten Wochen" bekanntgeben. In einem weiteren Interview des Senders NBC versprach Obama: "Diese Entscheidung wird uns auf einen Weg in Richtung Kriegsende führen." Gefragt nach dem wiedergewählten afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, hielt sich Obamas Begeisterung ganz offensichtlich in Grenzen. "Ich denke, Präsident Karsai hat seinem Land in wichtiger Weise gedient", sagte er. "Er hat einige Stärken, aber er hat einige Schwächen."
Drei Monate nach der von Betrug überschatteten Wahl in Afghanistan wird der bisherige Präsident Hamid Karsai an diesem Donnerstag für eine weitere fünfjährige Amtszeit vereidigt. Aus Angst vor Anschlägen der Taliban wurden die Sicherheitsvorkehrungen vor der Zeremonie im Palast in der Hauptstadt dramatisch verschärft. Vor der Amtseinführung des zunehmend umstrittenen Präsidenten traf US- Außenministerin Hillary Clinton zu ihrem ersten Besuch in Kabul ein. Zu den Feierlichkeiten werden weitere hochrangige Regierungsvertreter aus dem Ausland erwartet, darunter der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari. Auch zahlreiche afghanische Würdenträger nehmen teil.
Aus Sicherheitsgründen wurden die Namen der meisten internationalen Gäste zunächst nicht veröffentlicht. Der Flughafen der Hauptstadt sollte am Donnerstag für den gewöhnlichen Passagierverkehr geschlossen bleiben. Die Regierung rief für Kabul einen Feiertag aus und forderte die Menschen auf, zu Hause zu bleiben. Straßen zum Palast wurden gesperrt. Die Vereinten Nationen verhängten für ihr ausländisches Personal eine Ausgangssperre. Afghanische Sicherheitskräfte sind für die Absicherung der Zeremonie zuständig. Aus der afghanischen Armee hieß es, tausende Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF stünden bereit, um die einheimischen Truppen im Notfall zu unterstützen.
Nach Abzug gefälschter Stimmen hatte Karsai eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang knapp verfehlt. Vor einer geplanten Stichwahl zog sich Karsais Herausforderer Abdullah Abdullah aber aus der Abstimmung zurück, weil er einen erneuten Wahlbetrug des Präsidentenlagers befürchtete. Die umstrittene Wahlkommission sagte die Stichwahl daraufhin ab und erklärte Karsai am 2. November auch ohne die von der Verfassung vorgeschriebene absolute Mehrheit zum Sieger. Seit der fragwürdigen Wiederwahl wächst der internationale Druck auf Karsai, die Korruption mit einer neuen Regierung wirksam zu bekämpfen.
Die Taliban hatten zu einem Boykott der Abstimmung am 20. August aufgerufen und Afghanistan am Wahltag mit einer Welle von Anschlägen überzogen. Binnen weniger Stunden starben mehr als 50 Menschen. Auch für den Tag von Karsais Vereidigung wurden Anschläge befürchtet. Schwerbewaffnete afghanische Sicherheitskräfte verstärkten bereits am Mittwoch ihre Patrouillen und errichteten neue Checkpoints in Kabul. Der Verkehr ging deutlich zurück. Karsai regiert Afghanistan seit dem Sturz der radikal-islamischen Taliban Ende 2001. Er war zunächst Übergangspräsident und wurde im Herbst 2004 in der ersten freien Präsidentenwahl gewählt.
Der langwierige Konflikt in Afghanistan wird laut einer Umfrage der Hilfsorganisation Oxfam unter Afghanen hauptsächlich von der schlechten wirtschaftlichen Lage im Land befeuert. 70 Prozent der insgesamt 704 Befragten hätten Armut und Arbeitslosigkeit als Hauptursache für den andauernden bewaffneten Konflikt in ihrem Land genannt, teilte Oxfam am Mittwoch mit. An zweiter Stelle hätten die Befragten die schwache afghanische Regierung sowie Korruption genannt. Die Taliban und die Einmischung von Nachbarstaaten würden als die dritt- und viertwichtigsten Ursachen gesehen.