Unterhält der US-Geheimdienst CIA geheime Gefängnisse für führende al-Kaida-Extremisten? Der renommierten "Washington Post" zufolge ja. Eine dieser Haftanstalten gebe es auch in Osteuropa, hatte die Zeitung am Mittwoch berichtet. Sie beruft sich dabei auf namentlich nicht genannte Vertreter der USA und anderer Staaten.
Das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geschaffene Gefängnis-Netz erstrecke sich über insgesamt acht Staaten, darunter auch Thailand und Afghanistan, hieß es in dem Bericht. Die Existenz und die genaue Lage der Anstalten sei nur wenigen US-Regierungsmitarbeitern sowie den Staatschefs und ausgewählten Geheimdienstmitarbeitern der betroffenen Länder bekannt. Die dort einsitzenden Gefangenen sollen weder Kontakt zu Rechtsanwälten haben, noch sollen Kontrollen zur Wahrung der Rechte der Häftlinge existieren. Die CIA hat die Existenz der Gefängnisse nicht bestätigt.
Dieser Bericht reiht sich ein in eine wahre Flut von Vorwürfen an die US-Regierung, sie würde massiv die Menschenrechte missachten. Kritik kommt selbst aus den Reihen der regierenden Republikaner. Etwa daran, dass ranghohe Ex-Beamte und US-Soldaten offen die Folter von Kriegsgefangenen gebilligt haben sollen. Darüber hinaus versucht US-Vizepräsident Dick Cheney derzeit ein Gesetz zu verhindern, dass mit breiter Unterstützung aller Parteien jegliche "entwürdigende, grausame und unmenschliche Behandlung" in US-Gewahrsam verbieten soll.
Zum Streit mit der UN hat zudem auch die Weigerung von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld geführt, Menschenrechtsexperten den Zugang zum kubanischen Gefangenenlager Guantanamo Bay zu ermöglichen. Dies seien laut der Vereinten Nationen inakzeptable Auflagen für die geplante Inspektion des Gefangenenlagers. Selbst China stelle für Besuche in seinen Gefängnissen keine solchen Bedingungen, sagte der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak. "Die USA sagen, sie hätten nichts zu verbergen. Warum wird es uns dann nicht erlaubt, mit den Gefangenen zu sprechen?" fragte er.
Was die angeblichen Geheimgefängnisse betrifft, hat ein Sprecher der thailändischen Regierung bereits beteuert, dass es sie in seinem Land nicht gebe. Auch in Polen haben sich Politiker und Geheimdienstexperten zu Wort gemeldet und zumindest für ihr Land die Existenz dieser Gefängnisse dementiert. "Ich weiß nichts von al-Kaida-Häftlingen", sagte der ehemalige Vize-Verteidigungsminister Janusz Zemke der Zeitung "Gazeta Wyborcza".
Ein Sprecher der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sagte der "Gazeta Wyborcza", er habe Beweise, dass ein vom CIA zum Transport von Häftlingen gechartertes Flugzeug im Jahr 2003 in Polen und anderen osteuropäischen Ländern landete. Der damals für die Kontakte mit der CIA zuständige Leiter des polnischen Sicherheitsdienstes, Zbigniew Siemiatkowski, wies dies zurück. "Die USA haben uns niemals die Unterbringung von Terroristen vorgeschlagen", sagte er.
Angeblich 30 Top-Terroristen inhaftiert
Laut "Washington Post" sitzen in den Haftanstalten derzeit 30 Top-al-Kaida-Mitglieder ein. Sie seien von der Außenwelt komplett isoliert und hätten keinerlei Rechte. Den von dem Blatt zitierten Regierungs- und Geheimdienstmitarbeitern zufolge betreibt die CIA die Gefängnisse im Ausland, weil es in den USA selbst nicht erlaubt ist, Verdächtige in völliger Isolation gefangen zu halten. In US-Geheimakten erscheinen die Gefängnisse dem Bericht nach lediglich als "schwarze Standorte" ("Black Sites"). Es gebe praktisch überhaupt keine Informationen über die Identität der Insassen oder darüber, wie diese verhört und wie lange sie festgehalten würden.
In dem Zeitungsbericht hieß es, das in das Haftprogramm eingebundene osteuropäische Land werde auf Wunsch eines hochrangigen US-Vertreters aus Sicherheitsgründen namentlich nicht genannt, da ansonsten dort Vergeltungsanschläge befürchtet werden müssten. Zudem könne der Kampf gegen den Terrorismus behindert werden.