Mit scharfen Worten gegenüber der Bundesregierung hält sich der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, seit Beginn des Krieges in seinem Land nicht zurück. Vor allem die zögerliche Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz bei Waffenlieferungen hat er immer wieder angeprangert. Jetzt kritisiert der Diplomat die seiner Meinung nach fehlende Willkommenskultur in Deutschland.
In einer "Bild"-Talkshow sagte Melnyk: "Die meisten Ukrainer kehren zurück, schon längst. Es sind mehr Menschen, die abreisen aus diesem Land, als zu Ihnen kommen." Viele seiner Landsleute, die vor russischen Angriffskrieg nach geflohen sind, hätten "keine Lust haben, hier zu bleiben". Deutschland müsse sich Gedanken darüber machen, warum das so sei, so Melnyk.
Andrij Melnyk stellt Forderungen an Scholz
Aktuelle Zahlen, wie viele Ukrainer:innen sich in Deutschland aufhalten, gibt es nicht. Laut eines Berichts der "Welt am Sonntag" sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar mehr als 700.000 ukrainische Staatsangehörige nach Deutschland eingereist. Allerdings könnten von diesen laut Innenministerium auch viele schon in andere EU-Staaten ausgereist oder in die Ukraine zurückgekehrt sein.
Wenn kaum ein Stein mehr auf dem anderen ist – Vorher-Nachher-Bilder zeigen massive Kriegsschäden

Von einem Besuch des Kanzlers in der Ukraine erhofft sich Melnyk klare Zusagen. "Wir hoffen, dass der Kanzler bei seinem Besuch in Kiew endlich die deutschen Versprechen wahrmacht, was die Waffenlieferungen und auch den EU-Beitritt der Ukraine betrifft", sagte der ukrainische Botschafter dem "Spiegel".

Olaf Scholz plant laut Medienbericht Besuch in Kiew
Laut "Bild"-Zeitung will Olaf Scholz noch in diesem Monat zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi nach Kiew reisten. Der Kanzler hatte trotz öffentlichem Druck die ukrainische Hauptstadt noch nicht besucht – im Gegensatz zu vielen anderen Politiker:innen.
Quellen: "Bild" / "Welt am Sonntag"

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