Nach der weiteren Eskalation im Atomstreit hat der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Mohammed al Baradei, in Teheran Gespräche aufgenommen. Al Baradei trifft sich bei seinem eintägigen Besuch mit Chefunterhändler Ali Laridschani und Vizepräsident Gholam-Resa Aghasadeh. Aghasadeh ist zudem Leiter der nationalen Atomenergie-Organisation. Al Baradei muss dem UN-Sicherheitsrat bis zum 28. April über den Stand des iranischen Atomprogramms berichten.
Ein Treffen mit Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist nicht vorgesehen, da dieser nicht in Teheran ist. Er besucht derzeit die Provinz Chorassan im Nordwesten des Irans.
Bei seiner Ankunft dem Iran hatte al Baradei gesagt, er hoffe, dass der Konflikt auf diplomatischem Weg beigelegt werden könne. Er wolle den Iran dazu bringen, die Forderungen der internationalen Gemeinschaft zu erfüllen, vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen und die Uran-Anreicherung einzustellen. Er erwarte "fruchtbare Gespräche" in Teheran, betonte al Baradei.
"Seid wütend und erstickt an eurer Wut"
Die jüngsten Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zeigen jedoch, dass er nicht zu Kompromissen bereit ist: "Für alle, die wütend sind darüber, dass der Iran erstmals erfolgreich Uran anreichern kann, haben wir eine Antwort: Seid wütend und erstickt an eurer Wut", sagte Ahmadinedschad. "Wir werden mit niemandem über das Recht des Iran sprechen, Uran anzureichern."
Iran will Zusammenarbeit mit IAEO fortsetzen
Versöhnlichere Töne schlug Vizepräsident Aghasadeh an: Im Staatsfernsehen wies er die US-Kritik zurück und betonte, Teheran strebe weiter eine Verhandlungslösung im Atomstreit an. Er warnte jedoch zugleich, "weder Propaganda noch politischer Druck" könnten Positives bewirken. Iran wolle seine Zusammenarbeit mit der IAEO fortsetzen. Dazu zählten auch Inspektionen im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrages für Atomwaffen.
Beim Einschalten des UN-Sicherheitsrats werde es aber keine unangemeldeten Besuche von IAEO-Inspektoren mehr geben können. Die USA und die anderen westlichen Länder könnten ihre Misstrauen gegenüber dem iranischen Nuklearprogramm entkräften, wenn sie mit Teheran bei der Urananreicherung in der Atomanlage von Natans zusammenarbeiteten, betonte Aghasadeh.
Die USA forderten nach der iranischen Bekanntgabe der erfolgreichen Uran-Anreicherung ein energisches Einschreiten des Weltsicherheitsrats. Nach dem Willen Washingtons soll der Rat feststellen, dass der Iran mit seinem Atomprogramm den Frieden bedroht. Für eine entsprechende Resolution des Sicherheitsrates würden sich die USA einsetzen, falls der Iran in den nächsten Tagen nicht doch noch einlenken sollte, sagte der amerikanische UN- Botschafter John Bolton am Mittwoch in New York.
Ahmadinedschad kündigt Ausbau des Atomprogramms an
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad zeigte sich am Mittwoch von der Kritik aus dem Ausland unbeeindruckt und kündigte einen weiteren Ausbau des Atomprogramms an. Der Iran werde sein Programm bis zur vollständigen Beherrschung des Nuklearkreislaufs fortsetzen.
Am Dienstag hatte Ahmadinedschad in einer Rede gesagt, dass der Iran erstmals erfolgreich Uran zur Energiegewinnung angereichert habe. Dies sei ein "historischer Erfolg". "Wir gehören jetzt zu den Nuklearmächten, und es gibt keinen Weg zurück", sagte er.
Russland und China stellen sich gegen den Iran
Auch bei anderen Regierungen löste die vom Iran gemeldete Urananreicherung Besorgnis aus. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einer "erneuten Provokation". Jetzt sei ein Signal aus dem Iran notwendig, das den Verzicht auf die Anreicherungsaktivitäten bekannt gibt, sagte der Minister am Abend im ARD-Fernsehen.
Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau: Russland erwarte, dass der Iran die Urananreicherung einstelle. Der chinesische UN-Botschafter Wang Guangya sagte in New York: "Das stimmt nicht überein mit dem, was die internationale Gemeinschaft fordert." Allerdings sprach sich Wang als derzeitiger Sicherheitsratspräsident gegen übereiltes Handeln aus. "Bevor die 30 Tage (der UN-Frist) vorbei sind, werden wir wahrscheinlich nichts tun." Der russische UN-Botschafter Andrej Denissow sagte: "Trotz der jüngsten Entwicklungen sollte jetzt noch nichts getan werden. Es gibt keinen Grund für Strafmaßnahmen."
Nach Angaben Wangs wollen die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und Deutschland am 18. April in Moskau über ihr weiteres Vorgehen beraten. Der britische UN-Botschafter Emyr Jones Parry sagte, es werde wohl auf eine Resolution hinauslaufen: "Wenn es kein Einlenken gibt, ist es unsere Absicht, eine Resolution einzubringen, die verpflichtend machen würde, was zurzeit nur eine dringende Aufforderung des Sicherheitsrats ist."