Wahlkampf Boris Johnson versucht es auf die romantische Tour: Wählerfang im Stile von "Tatsächlich ... Liebe"

Andrew Lincoln als Mark in "Tatsächlich ... Liebe" und Großbritanniens Premier Boris Johnson in der Wahlwerbung
Original (l.) und Adaption: Andrew Lincoln als Mark in "Tatsächlich ... Liebe" und Großbritanniens Premier Boris Johnson in der Wahlwerbung
© Screenshot / Youtube / Dorune, Screenshot / Twitter / Boris Johnson
In "Tatsächlich ... Liebe" buhlt Mark mit einer Botschaft auf Papptafeln um die Liebe von Juliet. Großbritanniens Premier Boris Johnson versucht in einem Werbespot, mit der gleichen Masche auf Wählerfang zu gehen.

Die Szene gilt vielen als schönste Liebeserklärung der Filmgeschichte: An Heiligabend steht Mark vor der Tür von Juliet und gesteht ihr seine Liebe – ohne ein Wort zu sagen, nur mit einer Botschaft auf Papptafeln. "Mit ein bisschen Glück werde ich im nächsten Jahr mit einem dieser Mädchen ausgehen. (Zeigt Bilder attraktiver Frauen.) Aber bis dahin lass mich dir sagen, ohne Hoffnung oder Hintergedanken, nur weil Weihnachten ist (und zu Weihnachten sagt man die Wahrheit): Für mich bist du vollkommen und mein geschundenes Herz wird dich lieben, bis du so aussiehst. (Zeigt Bild einer Mumie.) Fröhliche Weihnachten." Am Ende läuft Juliet dem in der Nacht verschwindenden Mark hinterher und die beiden küssen sich. 

Was Jahr für Jahr Tausende Briten – wenn nicht mehr – zu Weihnachten rührt, kann für den Wahlkampf nicht schlecht sein, dürfte sich Premierminister Boris Johnson gedacht haben. Er adaptierte für seine Kampagne die berühmte Szene aus dem Liebesfilm-Klassiker "Tatsächlich ... Liebe" aus dem Jahr 2003 von Regisseur Richard Curtis.

Boris Johnson adaptiert "Tatsächlich ... Liebe"-Szene

Drei Tage vor der Parlamentswahl in Großbritannien veröffentlichte er in den sozialen Netzwerken einen dreiminütigen Clip, der für seine konservative Partei wirbt. Darin: Der Premier, der an der Tür einer Frau klingelt und ihr nacheinander Papptafeln präsentiert.

"Mit ein bisschen Glück werden wir im kommenden Jahr den Brexit hinbekommen (wenn das Parlament ihn nicht erneut blockiert) und wir können vorankommen. Aber bis dahin lass mich dir sagen, deine Stimme war niemals wichtiger. Der andere Typ könnte gewinnen. Du hast also die Chance zu wählen: Zwischen einer arbeitenden Mehrheit und einem festgefahrenen Parlament, das sich über den Brexit streitet, bis ich so aussehe. (Zeigt das Bild eines Bobtails; einer Hunderasse) Es ist knapper, als du denkst. Wir brauchen nur neun Sitze mehr für eine Mehrheit und am 12. Dezember wird deine Stimme einen Unterschied machen. Fröhliche Weihnachten."

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Der selbstironische und kreative Clip kommt gut an, zeigen Reaktionen unter dem Video. Auch wenn sich Johnson damit einer Szene aus dem Erfolgsfilm eines Widersachers bedient. Schauspieler Hugh Grant spielt in "Tatsächlich ... Liebe" den britischen Premierminister. In der Realität gilt er jedoch als scharfer Kritiker von Regierungschef Johnson, wirbt sogar vor der Parlamentswahl am Donnerstag für die Liberalen Demokraten.

Dennoch: Johnsons Konservative gehen als Favoriten in die Abstimmung. Mit einer Mehrheit wollen sie den Brexit-Deal durchpeitschen und das Land zum 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union führen. Labour-Chef Jeremy Corbyn dagegen verspricht ein zweites Brexit-Referendum. Das britische Mehrheitswahlrecht macht Voraussagen zum Ausgang der Wahl jedoch sehr schwer.

Ob es zwischen Johnson und den Wählerinnen und Wählern auch tatsächlich Liebe wird, bleibt indes unklar. Zumindest rennen sie ihm nicht in die Nacht hinterher. Noch haben sie zwei Tage, sich zu entscheiden.

wue / mit DPA-Material