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Ermordeter Kremlkritiker Nemzow fand Beweise für russische Truppen in der Ukraine

Der letzte Bericht des getöteten russischen Oppositionellen Boris Nemzow wurde nun veröffentlicht. Er soll die Beteiligung des russischen Militärs im Ukraine-Konflikt belegen.

Nach Recherchen des ermordeten Kreml-Kritikers Boris Nemzow haben die Separatisten in der Ukraine ihre entscheidenden Siege nur mit Unterstützung "regulärer russischer Truppen" errungen. Dafür gebe es "vollständige Beweise", heißt es in einem 64-seitigen Bericht, den Vertraute Nemzows in Moskau vorstellten.

Demnach sollen mindestens 220 russische Soldaten im Krieg in der Ostukraine getötet worden sein. Die Männer seien zunächst formell aus der russischen Armee ausgeschieden und hätten dann im vergangenen Jahr als "Freiwillige" aufseiten der prorussischen Separatisten gekämpft, heißt es in dem Dokument.

"Putin - der Krieg"

Der Bericht mit dem Titel "Putin - der Krieg" fußt auf Recherchen, die Nemzow bis zu seiner Ermordung am 28. Februar vorangetrieben hatte. Einer der Autoren, der Oppositionelle Ilja Jaschin, sagte, "Schlüsselzeugen" hätten über Einzelheiten der russischen Militärintervention berichtet:

Russische Soldaten sind demnach erstmals im August vergangenen Jahres "massenhaft" über die Grenze in die Ukraine eingedrungen. Damals sei den Aufständischen eine Gegenoffensive gegen die ukrainischen Regierungstruppen bei Ilowajsk und südlich von Donezk gelungen, sagte Jaschin.

Im Januar und Februar seien abermals russische Soldaten geschickt worden, um den ukrainischen Präsident Petro Poroschenko zu Verhandlungen in Minsk und zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens mit den Rebellen zu zwingen. Und als die Separatisten Mitte Februar die Stadt Debalzewe zurückeroberten, habe es ebenfalls russische Unterstützung gegeben.

Putin weist Vorwürfe zurück

Russland hat ein direktes militärisches Eingreifen in der Ostukraine mit eigenen Soldaten stets zurückgewiesen. Doch nach den Schätzungen des Nemzow-Berichts wurden alleine im August 150 russische Soldaten in der Ukraine getötet. Im Januar und Februar gab es demnach fast 70 weitere Opfer aus den Reihen des russischen Militärs.

Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte am Dienstag laut russischen Nachrichtenagenturen, er habe den Bericht nicht gelesen. "Deswegen habe ich auch nichts dazu zu sagen." Die meisten Elemente des Berichts sind allerdings nicht neu, sondern wurden in den vergangenen Monaten bereits von der russischen oder der internationalen Presse enthüllt.

Angehörige bedroht

Die Vertrauten Nemzows erklärten, Grundlage ihres Berichts seien "offene Quellen und anonyme Quellen in Moskau" sowie Aussagen von Familien von den in der Ukraine getöteten russischen Soldaten. Die Soldaten wurden demnach gezwungen, aus dem Militär auszutreten, bevor sie in die Ukraine gebracht wurden. Den Angehörigen seien Strafprozesse angedroht worden, wenn sie darüber berichten würden.

Nemzow war vor zweieinhalb Monaten vor den Mauern des Kreml erschossen worden. Die Ermordung des 55-jährigen Regierungsgegners, der monatelang Hinweisen auf eine russische Militärintervention in der Ukraine nachgegangen war und Putins Ukraine-Politik aufs schärfste verurteilt hatte, löste weltweit Bestürzung aus. Die Ermittler nahmen vier Tschetschenen und einen Inguschen fest und beschuldigten die Gruppe, Nemzow im Auftrag ermordet zu haben. Die Angeklagten weisen die Vorwürfe nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten zurück. Der mutmaßliche Auftraggeber ist noch auf der Flucht.

lie/AFP/DPA DPA

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