Mitten im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump könnte der US-Präsident durch ein offenbar verdeckt aufgenommenes Video unter Druck geraten. Auf der Aufnahme von einem Abendessen mit Spendern im April 2018 ist Trump zu hören, wie er nachdrücklich die Entlassung seiner damaligen Botschafterin in Kiew, Marie Jovanowitch, fordert: "Werdet sie los", ist Trumps Stimme zu hören. "Schafft sie morgen raus." Ein Jahr später wurde Jovanowitch von ihrem Posten abberufen.

"Die Frau wird ein paar Dinge durchmachen"
Die Diplomatin mit ausgezeichnetem Ruf diente unter verschiedenen US-Präsidenten in mehreren Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Ihr Name fiel auch in dem Telefonat von Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij, das zum jetzigen Amtsenthebungsverfahren geführt hat. In dem Gespräch nannte der US-Präsident sie "die Frau", die nun "ein paar Dinge durchmachen" werde. Selenskij teilte die Einstellung Trumps, dass sie "schlechte Botschafterin" sei und sagte, sie würde ihn "nicht genug als neuen Präsidenten akzeptieren".

Jovanowitchs Abberufung hatte im US-Außenministerium und in Diplomatenkreisen für Entrüstung gesorgt. Über den Grund hieß es, Trumps Anwalt Rudy Giuliani und Donald Trump Jr. hätten sich über sie beschwert. So soll sie die Versuche des Trump-Teams blockiert haben, die Regierung in Kiew zu Ermittlungen gegen den Sohn von Joe Biden zu ermuntern – was der Kern des laufenden Impeachmentverfahrens ist.
Welche Rolle spielt der US-Außenminister
Die geschasste Botschafterin bringt indirekt auch US-Außenminister Mike Pompeo in Schwierigkeiten. Ihm wird vorgeworfen, Jovanowitch im Zuge ihres Konflikts mit Donald Trump nicht ausreichend in Schutz genommen zu haben. In einem Interview mit dem US-Sender NPR kam es vor wenigen Tagen deshalb zum Eklat: Als die Journalistin Mary Louise Kelly Pompeo fragte, ob er der Botschafterin eine Entschuldigung schulde, habe Pompeo die Nerven verloren und sie minutenlang angeschrien, wie Kelly berichtet.
Das nun veröffentlichte Video des Spenden-Dinners in einem Hotel zeigt auch, dass der ukrainischstämmige Geschäftsmann Lev Parnas und sein Partner Igor Fruman daran teilgenommen haben. Die beiden, die beschuldigt werden, gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben, spielen in der Ukraine-Affäre eine Schlüsselrolle. Parnas und sein Kompagnon sollen zusammen mit Trumps Anwalt Rudi Giuliani Druck auf Kiew ausgeübt haben, um Ermittlungen gegen den demokratischen US-Präsidentschaftsanwärter Joe Biden einzuleiten, wie von den oppositionellen Demokraten veröffentlichte Dokumente nachweisen sollen. Demnach hätten sie gemeinsam mit ukrainischen Vertretern versucht, Jovanowitch aus ihrem Amt zu drängen. Die Diplomatin beschuldigte Giuliani später, eine Schmutzkampagne gegen sie zu fahren.
Trump und Parnas kennen sich offenbar doch
Auf dem nun veröffentlichten Video schildert Parnas die US-Botschafterin als Hemmschuh, die den Präsidenten zudem in privaten Gesprächen verunglimpfe. Kurz darauf ist Trumps Stimme zu hören: "Werdet sie los", sagt er. "Schafft sie morgen raus. Es ist mir egal. Schafft sie morgen raus. Schaltet sie aus. Okay? Tut es."
Das knapp anderthalbstündige Video scheint verdeckt aufgenommen worden zu sein: Zu Beginn sind der Raum und einige Gäste aus der Froschperspektive zu sehen, dann sind nur noch Stimmen vor braunem Hintergrund zu hören - als wäre die Kamera verborgen.
Auch Ermittler haben das Video
Das Video wurde von Parnas' Anwalt Joseph Bondy den Medien zur Verfügung gestellt. Er sagte CNN, er habe es auch an die Ermittler des US-Repräsentantenhauses übergeben. Laut Bondy verfügt Parnas über weitere Videoaufnahmen und Fotos, die er öffentlich machen könnte.In einem Fernsehinterview in der vergangenen Woche hatte Parnas den Präsidenten schwer belastet. Er sagte zu seinen und Frumans Bemühungen in der Ukraine, Trump hätte "genau gewusst, was ablief". Das nun veröffentlichte Video bestätigt zu großen Teilen seine Aussagen. Unter anderem widerlegt es Versicherungen des US-Präsidenten, er kenne Parnas und Fruman nicht.
Das Video erhöht den Druck auf den US-Senat, weitere Zeugen im Impeachmentverfahren anzuhören - was von der republikanischen Senatsmehrheit bisher strikt abgelehnt wird.
Quellen: AFP, "Welt", Deutsche Welle