COP26 in Glasgow Ehrgeizige Ziele, heftige Proteste: Die Weltklimakonferenz startet in die entscheidende Woche

Tausende protestieren in Glasgow für mehr Klimagerechtigkeit 
Tausende protestieren in Glasgow für mehr Klimagerechtigkeit auf der COP26
© Andrew Milligan / DPA
Seit Beginn der COP26 haben mehrere Länder ihre nationalen Klimaschutzziele verschärft. Doch die Frage, wie die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens konkret finanziert werden soll, sorgt weiter für Zündstoff.

In der ersten Woche der UN-Klimakonferenz in Glasgow gab es einige große Ankündigungen, etwa zum Waldschutz oder zur Reduktion des starken Treibhausgases Methan. Doch aus Sicht vieler Klimaaktivisten und Experten ist das, was bislang bei der COP26 erreicht wurde, bei Weitem nicht so glanzvoll, wie es die britische Präsidentschaft des diesjährigen Weltklimagipfels darstellt.

Mohamed Adow, Leiter der in Nairobi ansässigen Klima-Denkfabrik Power Shift Africa, etwa sagt, es gebe bei der COP26 "zwei Realitäten". "Eine ist die Welt der Presseerklärungen der britischen Regierung", die suggeriere, "'alles ist gut und wir haben die Klimakrise so gut wie besiegt'". Die andere Welt aber sei "außerhalb dieser PR-Blase", fügt Adow hinzu. "Das Klima in kalten harten Fakten."

Diskrepanz zwischen Ankündigungen und konkreten Maßnahmen

Bei der Konferenz in Glasgow geht es darum, die Erderwärmung wie im Pariser Klimaabkommen vorgesehen auf 1,5 bis zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Die britische COP-Präsidentschaft dringt darauf, die ehrgeizigeren 1,5 Grad als das gemeinsame Ziel der internationalen Gemeinschaft festzuschreiben.

In der ersten Halbzeit der COP26 hat es Bewegung in Richtung Abkehr von fossilen Energien, Aufforstung und Klimahilfen für Entwicklungsländer gegeben. Ein Sprecher der COP26 sprach von einem "echten Momentum". Experten sehen aber eine krasse Diskrepanz zwischen aufgeblähten und auf Hochglanz gebrachten Ankündigungen und dem wirklichen Fortschritt bei der Reduzierung des Treibhausgasausstoßes. So verkündete COP-Präsident Alok Sharma am Mittwoch: "Eine Koalition mit 190 Akteuren hat heute vereinbart, aus der Kohleenergie auszusteigen."

Auf einer nachgelieferten Liste der Unterzeichner fanden sich jedoch nur 77 neue Unterstützer der Initiative, darunter 46 Staaten. Von den Unterstützern, die sich bereits einer früheren Initiative für den Kohle-Ausstieg angeschlossen hatten, machten laut COP-Präsidentschaft 23 Länder in Glasgow zusätzliche Zusagen. Auf der Liste dieser Staaten, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, fanden sich allerdings zehn Länder, die laut der Klima-Denkfabrik Ember gar keine Kohle in ihrem Energiemix haben. Zusammengezählt stehen die Unterzeichner außerdem nur für rund 13 Prozent des globalen Konsums von Kohleenergie.

Finanzierungsfrage weiter offen

Zudem präsentierte die COP-Präsidentschaft ein "beispielloses" Bündnis gegen Entwaldung mit Ländern, die für 85 Prozent der weltweiten Regenwälder stehen. Es erinnert an die New Yorker Deklaration zu Wäldern von 2014, die von mehr als 40 Ländern unterzeichnet worden war, um die Entwaldung bis 2030 zu beenden. Eine Prüfung der Umsetzung dieser Deklaration ergab dieses Jahr allerdings, dass von den 32 größten Wald-Nationen nur Indien der Zusage konkrete Taten folgen ließ.

Doreen Stabinsky, Professorin für globale Umweltpolitik am College of the Atlantic im US-Bundesstaat Maine, warnt, Zusagen zum Schutz des Waldes würden schnell ausgesprochen – als Feigenblatt für die anhaltende Steigerung der Treibhausgasemissionen. Es gebe aber "nicht genügend Bäume auf dem Planeten, um blind mit den Emissionen weiter zu machen".

Auch beim Geld für den Klimaschutz ist vieles eine Interpretationsfrage. So verkündete der frühere Chef der Bank of England, Mark Carney, in Glasgow eine klimaneutrale Allianz aus Investoren mit insgesamt 130 Billionen Dollar (112 Billionen Euro) in ihren Portfolios. Beobachter merkten aber an, dass die Mitglieder der Allianz nur einen kleinen Teil ihres Geldes in grüne Projekte stecken müssten und außerdem weiter in fossile Energie investieren dürften.

Aufgrund neuer langfristiger Zusagen in Glasgow sehen manche bereits eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,8 Grad in Reichweite. Hinter der Zusage zahlreicher Länder, in den kommenden Jahrzehnten klimaneutral zu werden, stehe in den meisten Fällen aber kein konkreter Umsetzungsplan, wie ein hochrangiger Diplomat AFP sagte. 

Länder wie Australien und Saudi-Arabien hätten ihre Klimaneutralitätsziele angekündigt ohne einen Plan dahinter, sagt auch der Klima-Experte Simon Lewis vom University College London – "und die Emissionen gehen da massiv in die falsche Richtung". Solche Ankündigungen verdienten also den Warnhinweis: "Das wird wahrscheinlich nicht passieren."

AFP
les / Patrick Galey

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