Denkmal-Streit Russische Demonstranten attackieren estnische Botschafterin

Seit Tagen streiten Russland und Estland um die Verlegung eines sowjetischen Kriegerdenkmals in der estnischen Hauptstadt Tallinn - begleitet von gewalttätigen Ausschreitungen und Protesten. Nun griffen russische Demonstranten die estnische Botschafterin Marina Kaljurand an.

Der Denkmalstreit zwischen Russland und Estland weitet sich aus. Demonstranten verzögerten am Mittwoch einen Auftritt der estnischen Botschafterin in Moskau und blockierten die Zufahrt zur Vertretung des EU-Mitglieds. Die russische Bahn kündigte an, wegen geplanter Reparaturarbeiten könne es zu einem vorübergehenden Stopp der Treibstofflieferungen in die baltische Republik kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel schaltete sich erneut in den Streit ein. In einem Telefonat mit Regierungschef Andrus Ansip sagte sie Estland nach Angaben eines Regierungssprechers die volle Unterstützung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für die Sicherheit und Arbeitsfähigkeit der estnischen Botschaft zu.

Der Streit hatte sich an der Verlegung eines sowjetischen Soldatendenkmals aus dem Zentrum der estnischen Hauptstadt Tallinn auf einen Friedhof am Stadtrand entzündet. Bei Ausschreitungen gab es vergangene Woche in Tallinn einen Toten und viele Verletzte.

Die russische Staatsbahn erklärte, die Reparaturarbeiten könnten die Treibstofflieferungen über Estland den Mai über unterbrechen. Der Lieferstopp habe keine politischen Gründe. "Wir haben keine Wirtschaftssanktionen gegen Estland verhängt, und planen auch keine." Russland liefert monatlich 25 Millionen Tonnen Treibstoff an Estland, von denen der größte Teil weiter verkauft wird. Russische Exporteure erklärten, wegen fehlender Waggons seien auch Kohlelieferungen beeinträchtigt. Russland ist wiederholt vorgeworfen worden, den Energiereichtum des Landes als politische Waffe gegen seine Nachbarn einzusetzen.

Das russische Außenministerium gibt Estland die Schuld

Mit Rufen wie "Schande über Estland" und "Faschismus wird nicht erlaubt" hatten zuvor etwa 25 Demonstranten kurz vor Beginn der Pressekonferenz mit Botschafterin Marina Kaljurand den Raum gestürmt. "Wir können ihr nicht gestatten hier zu sein, solange sich ihre Regierung und ihr Präsident, der unsere Großväter als Gangster bezeichnet hat, nicht entschuldigen", sagte Maxim Mischtschenko, einer der Organisatoren von der Gruppe "Junges Russland". Die Leibwächter der Botschafterin setzten Reizgas ein, um die Demonstranten zu vertreiben. Nach estnischen Angaben wurde auch das Auto der Botschafterin attackiert und der Stander mit der Landesflagge heruntergerissen.

Die EU forderte Russland zum Schutz der estnischen Botschaft auf. Russland sei aufgerufen, das Gelände zu schützen und einen ungestörten Zugang zu der Vertretung sicher zu stellen, erklärte die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in Berlin. Deutschland bemühe sich, in Gesprächen mit allen Beteiligten zur Entspannung beizutragen.

Das russische Außenministerium machte Estland für die Ausschreitungen verantwortlich, weil es das sowjetische Denkmal aus dem Zentrum von Tallinn auf einen Soldatenfriedhof am Stadtrand verlegt hatte. Russland komme aber seinen Pflichten nach und werde das Botschaftsgebäude schützen. Demonstranten, die Gesetze verletzten, würden bestraft.

DPA · Reuters
Reuters/DPA