Im Zivilprozess gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump wegen Vergewaltigungsvorwürfen der Autorin E. Jean Carroll liegt die Entscheidung fortan bei den neun Geschworenen. Ein Freispruch wäre ein Erfolg für den Republikaner, die Folgen eines Schuldspruchs wären schwer vorauszusagen. Antworten auf wichtige Fragen:
Was wirft Carroll Trump vor?
Carroll beschuldigt Trump, sie 1996 in einer Umkleidekabine des Luxuskaufhauses Bergdorf Goodman in Manhattan vergewaltigt zu haben. Der New Yorker Immobilienunternehmer bat die bekannte Kolumnistin für das Magazin "Elle" nach deren Schilderung scherzhaft, ob sie ihn beim Kauf von Unterwäsche als Geschenk für eine Freundin beraten könne. Er soll sie dann in der Umkleidekabine sexuell attackiert und vergewaltigt haben.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Ihre Vorwürfe machte die heute 79-jährige Carroll erstmals 2019 öffentlich, als Trump Präsident war. Dieser wies die Anschuldigungen als Lüge zurück und erklärte, Carroll sei nicht sein "Typ". Die Autorin verklagte Trump in der Folge wegen Verleumdung und später in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung.
Wie verlief der Prozess?
Der Zivilprozess vor einem Bundesgericht in Manhattan begann vor zwei Wochen mit der Auswahl von neun Geschworenen. Carroll sagte unter Eid als Zeugin aus und bekräftigte ihre Vorwürfe gegen Trump – auch in einem Kreuzverhör durch Trumps Anwalt Joe Tacopina. Außerdem sagten zwei Freundinnen Carrolls aus, die Autorin habe ihnen kurz nach der mutmaßlichen Vergewaltigung berichtet, dass Trump sie angegriffen habe.
Trump selbst blieb dem Prozess fern, zu einer Teilnahme war er nicht verpflichtet. Seine Anwälte luden auch keine Entlastungszeugen vor. Bei dem Verfahren wurden aber Videos von einer Befragung Trumps durch Carrolls Anwältin Roberta Kaplan im vergangenen Oktober vorgespielt. Dabei bestritt der Ex-Präsident die Vergewaltigungsvorwürfe erneut entschieden: "Sie ist eine Lügnerin und sie ist wirklich eine kranke Person. Ich denke, sie ist krank, psychisch krank."
Bei der Befragung unterlief Trump aber ein peinlicher Fehler: Auf einem Foto aus den 1990er Jahren verwechselte er Carroll mit seiner damaligen Frau Marla Maples. Das schwächt seine Verteidigungsstrategie, wonach Carroll gar nicht sein "Typ" sei.
Was droht Donald Trump?
Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um einen Strafprozess handelt, droht Trump im Falle eines Schuldspruchs keine Gefängnisstrafe. Carroll hat den Ex-Präsidenten vielmehr auf Schmerzensgeld in nicht genannter Höhe verklagt. Sollten die Geschworenen – sechs Männer und drei Frauen – Trump der Vergewaltigung und der Verleumdung schuldig sprechen, müssten sie auch ein Schmerzensgeld festlegen.
Welche politischen Folgen könnte ein Urteil haben?
Ein Freispruch für Trump wäre ein großer Erfolg für den Rechtspopulisten, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will. Der 76-Jährige ist in der Vergangenheit von einer Reihe von Frauen des sexuellen Fehlverhaltens beschuldigt worden und hat solche Vorwürfe stets bestritten. Einen Freispruch im Fall Carroll könnte er nutzen, um sich grundsätzlich als unschuldig darzustellen.
Unklar ist, wie sehr ein Schuldspruch Trump schaden würde. Der Republikaner stand in den vergangenen Jahren im Zentrum zahlreicher Skandale und Affären und ist derzeit Gegenstand gleich mehrerer Justizermittlungen. Seinen Zustimmungswerten hat dies aber nie wirklich geschadet, Trumps Anhänger haben ihm vieles durchgehen lassen.
Das umfasst auch Trumps Umgang mit Frauen. Unvergessen, wie kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 eine Tonaufnahme öffentlich wurde, auf der Trump damit prahlte, er könne Frauen ungefragt küssen und ihnen zwischen die Beine greifen. Das galt als Todesstoß für Trumps Präsidentschaftskandidatur – doch der Rechtspopulist gewann die Wahl gegen die Demokratin Hillary Clinton trotzdem.