- Teenagerin, illegal eingereist, inhaftiert, schwanger: Hat eine solche Frau ein Anrecht auf eine Abtreibung? Ja, urteilte Tanya Chutkan 2018.
- Als der Neonazi Daniel Lewis Lee am 9. Dezember 2019 hätte hingerichtet werden sollte, setzte Tanya Chutkan die Exekution aus. Grund: Die Verwendung des Todes-Präparats Pentobarbital verstoße gegen Bundesrecht.
- Im April 2019 verurteilte Tanya Chutkan eine russische Studentin zu 18 Monaten Haft wegen Spionage. Kremlchef Wladimir Putin hatte seine Landsfrau zuvor öffentlich in Schutz genommen.
- Robert P. hatte beim Kapitolsturm am 6. Januar 2021 Polizisten mit Feuerlöschern beworfen. Einige Monate später wird er von Tanya Chutkan zu mehr als fünf Jahren Gefängnis verurteilt.
Kapitol-Randalierer haben keine Chance
Das letzte ist nur ein Urteil von insgesamt 38 gegen Kapitolrandalierer, das die Richterin am Bundesgericht in Washington DC. gefällt hat – kein einziges Verfahren ist gut für die Angeklagten ausgegangen, alle sitzen in Haft. Der Tag an dem Tausende aufgeputschte Trump-Anhänger das Herz der US-Demokratie getürmt hatten, zwei Wochen vor dem Machtwechsel, war einer der schwärzesten in der Geschichte des Landes. Chutkan hat bislang alle damit verbundenen Fälle besonders unnachgiebig behandelt.
Für Donald Trump sind das keine guten Nachrichten. Denn Tanya Chutkan, 61, gebürtige Jamaikanerin, ist diejenige, die die bislang schwersten Vorwürfe gegen den Ex-US-Präsidenten verhandeln wird: unter anderem Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Bei einem Schuldspruch drohen ihm bis zu 20 Jahre Gefängnis.
Es ist bereits das zweite Mal, dass es Trump und sein Anwälteteam mit ihr in der Sache zu tun bekommen. Im Herbst 2021 musste sie darüber befinden, ob das Ex-Staatsoberhaupt alle Unterlagen und Dokumente, die irgendwie mit dem 6. Januar 2021 zu tun haben könnten, an die Ermittler zu übergeben müsse. Die Bezirksrichterin hatte dazu eine eindeutige Meinung. Ja. Ihre 39-seitige Stellungnahme gipfelte in dem Satz: "Präsidenten sind keine Könige."
Donald Trump spricht von "Hexenjagd"
Dass frühere Staatsoberhäupter angeklagt werden, ist selten, in den USA aber bisher einmalig. Und Donald Trump muss sich nicht nur vor Tanya Chutkan verantworten, sondern auch vor zwei weiteren Gerichten: in New York wegen Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin und in Florida wegen der Mitnahme von Geheimdokumenten. Eine weitere Klage wegen Wahlmanipulation im Bundesstaat Georgia ist wahrscheinlich. Der Mehrfachbeklagte wäscht seine Hände in Unschuld. Für ihn haben diese juristischen Schwierigkeiten nichts mit eigenem Verschulden, zu tun, sondern mit einer "Hexenjagd", mit dem Ziel, ihn politisch zu erledigen.
Nächste Anklage gegen Donald Trump – dies sind seine sechs Mitverschwörer

Giuliani war einst gefeierte Bürgermeister von New York City und strebte danach ins Weiße Haus. 2016 schlug er sich auf die Seite von Donald Trump und blieb dann an dessen Seite, erst als Berater dann als persönlicher Anwalt. Schlagzeilen macht Giuliani vor allem mit bizarren Verschwörungstheorien, wie etwa der Mär von der gestohlenen Präsidentschaftswahl 2020.
Sehr viele Amerikaner sehen das auch so. Was damit zu tun hat, dass die Justiz in den USA wie in jedem anderen Rechtsstaat zwar unabhängig agiert, aber politisch besetzt wird. So sind die Justizministerien gleichzeitig die obersten Staatsanwaltschaften; die von den Regierungschefs eingesetzten Ministerinnen und Minister sind also auch Chefankläger. Aktuell ist der Demokrat Merrick Garland US-Justizminister, der auf diese Weise auch die beiden wichtigsten Bundesermittlungen gegen den republikanischen Ex-Präsidenten verantwortet.
Der Einfluss der Politik reicht aber noch weiter. So werden Richter an höheren Instanzen wie den Bundesgerichten von den jeweiligen US-Präsidenten berufen – zumeist mit ähnlich politischer Ausrichtung wie der Mann im Weißen Haus.
In Florida sitzt eine von ihm ernannte Richterin
Für Trumps Dokumenten-Prozess in Florida könnte das vorteilhaft sein. Denn die dort zuständige Richterin Aileen Cannon ist eine seiner Ernennungen und hat ihm gegenüber bereits einmal so etwas wie Milde walten lassen. Nachdem das FBI vor gut einem Jahr auf Trumps Anwesen die vermissten Regierungsunterlagen beschlagnahmt hatte, untersagte sie dem ermittelnden Justizministerium, die auch auszuwerten. Stattdessen bestellte sie auf Antrag von Trumps Team dafür einen unabhängigen Gutachter ein. Ihre Entscheidung wurde aber später von zwei höheren Instanzen kassiert – in denen ebenfalls vom Trump ernannte Richter sitzen.
Der Präsidentschaftskandidat kann sich also nicht in allen Fällen darauf verlassen, dass "seine" Richterinnen und Richter immer in seinem Interesse urteilen. Daneben entscheidet auch der Zufall, welcher Richter welche Fälle bekommt. So wurde Aileen Cannon durch einen Computer dem Dokumentenfall zugelost, fünf Richter standen zur Auswahl. Auf die exakt gleiche Weise ist auch Tanya Chutkan an den Fall Vereinigten Staaten von Amerika gegen Donald J. Trump gekommen. Sie wurde 2014 vom Demokraten Barack Obama zur Bundesrichterin gemacht.
Trump könnte Jury gegen Chutkan tauschen
Am Ende wird, wie in Florida auch, nicht unbedingt die jeweilige Richterin über Schuld oder Unschuld befinden, sondern eine Jury. Theoretisch hat Trump sogar die Möglichkeit, die Geschworenen gegen eine Entscheidung durch Richterin Chutkan zu "tauschen" – wovon er aber wohl kaum Gebrauch machen dürfte. Seine Anhänger machen derweil Stimmung gegen die Juristin. Vor allem stößt ihnen auf, dass ihre Einwanderung in die USA angeblich nicht dokumentiert sei. Dass sie eher der Richterinnentyp Law-and-Order ist, den Konservative ansonsten schätzen, interessiert sie diesmal offenbar nicht.
Quellen: DPA, AFP, CNN, "New York Times", France24, NZZ, "Business Insider"