US-Präsidentschaftswahlkampf Donald Trump gegen Joe Biden: Die Schlacht um die "Seele" Amerikas kann beginnen

Joe Biden steht vor blaume Hintergrund und neben einer US-Flagge und richtet sich mit der rechten Hand die Krawatte
Joe Biden will für die US-Demokraten Trump aus dem Amt vertreiben
© Anders Wiklund/TT News Agency / DPA
Sehen Sie im Video: Der einstige Obama-Vize will Trump aus dem Weißen Haus kicken: Wer ist Joe Biden?


"Deswegen verkünde ich heute meine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten." Acht Jahre lang war er der Vize von US-Präsident Barack Obama. Nun will Joe Biden Donald Trump aus dem Weißen Haus vertreiben. Das Präsidentenamt wäre die Krönung seiner politischen Karriere und seines Lebens. Biden wird am 20. November 1942 in Scranton, US-Bundesstaat Pennsylvania, geboren. Sein voller Name lautet Joseph Robinette Biden Jr. Er studiert Geschichte und Politik an der University of Delaware. Danach promoviert Biden am College of Law der Syracuse University in Jura. Im August 1966 heiratet Biden seine Highschool-Liebe Neilia Hunter. 1969 beginnt er in Wilmington, Delaware, als Rechtsanwalt zu arbeiten. Ehepaar Biden bekommt drei Kinder: Beau (*69), Robert (*70) und Naomi Christina (*71). 1970 startet er seine politische Karriere im Rat von New Castle County, in dem er bis 1972 sitzt. 1972 wird Biden mit gerade einmal 29 Jahren zum ersten Mal in den US-Senat gewählt. Wenige Wochen nach seiner Wahl sterben Bidens Frau und Tochter bei einem Unfall. Die Söhne überleben schwer verletzt. Biden wird an ihren Krankenbetten vereidigt. 1977 heiratet Biden seine zweite Frau Jill Jacobs, eine promovierte Lehrerin. 1981 wird ihre Tochter Ashley geboren. Bei seiner Vereidigung als Senator 1985 hält Biden sie im Arm. 1987 versucht er sich schon einmal als Präsidentschaftskandidat für 1988, erklärt aber nach sechs Wochen seinen Rückzug. Im Senat kümmert er sich vor allem um Fragen des Strafrechts und der Außenpolitik. 2008 will er wieder Präsidentschaftskandidat der Demokraten werden, unterliegt aber Obama. Obama bietet ihm die Vize-Präsidentschaft an. Dafür verlässt Biden nach 36 Jahren den US-Senat. Biden soll Obamas Mangel an außenpolitischer Erfahrung kompensieren. In der zweiten Amtszeit Obamas gilt Biden als dessen möglicher Nachfolger. Doch 2015 stirbt Bidens Sohn Beau an einem Hirntumor. Daraufhin verzichtet Biden auf eine Präsidentschaftskandidatur für 2016. Nach vier Jahren Trump will Biden nun den republikanischen Präsidenten herausfordern - wenn die Demokraten ihn lassen.
Der Kandidat der Demokraten im US-Präsidentschaftswahlkampf steht praktisch fest. Joe Biden wird versuchen, Donald Trump aus dem Weißen Haus zu vertreiben. Die Kontrahenten könnten kaum gegensätzlicher sein.

Joe Biden hat in seinem Leben viele Triumphe und Tragödien erlebt. Jetzt steht der frühere US-Vizepräsident vor seiner größten politischen Herausforderung: Mit dem Rückzug des linken Senators Bernie Sanders steht der 77-Jährige als Präsidentschaftskandidat der Demokraten quasi fest. Biden will bei der Wahl am 3. November Donald Trump aus dem Weißen Haus werfen. Es wird, so sagt es der Demokrat, ein Kampf um die "Seele der Nation".

Spalter Donald Trump gegen Versöhner Joe Biden

Biden ist in vielerlei Hinsicht der komplette Gegenentwurf zum Präsidenten. Hatte Trump das Weiße Haus 2016 als politischer Quereinsteiger und mit einer Kampfansage an das politische Establishment erobert, ist Biden ein Urgestein in Washingtons Politbetrieb, saß mehr als 35 Jahre lang im Senat und diente Präsident Barack Obama acht Jahre lang als Stellvertreter.  

Während Trump Politik als ständigen Krieg betrachtet, sieht Biden sich als Brückenbauer und Versöhner. Während Trump Konventionen über den Haufen wirft und gerne Chaos stiftet, verspricht Biden eine Rückkehr zu Ordnung und Normalität. Und während Trump niemals Schwäche zeigen oder Fehler zugeben würde, hat Biden aus Mitgefühl und seiner eigenen Verletzlichkeit fast schon ein Markenzeichen gemacht.

Denn der Politikveteran hat in seinem Leben viele Tiefschläge einstecken müssen. Biden war 1972 gerade als einer der jüngsten Politiker der Geschichte in den US-Senat gewählt worden, als seine Frau und seine kleine Tochter bei einem Autounfall ums Leben kamen. Sein Sohn Beau verstarb 2015 an einem Hirntumor.

Politische Niederlagen erlebte Biden zur Genüge. Vor den Präsidentschaftswahlen 1988 und 2008 bewarb sich der Mitte-Politiker um die Kandidatur der Demokraten und scheiterte krachend. 

Donald Trump und Joe Biden
Kampf ums Weiße Haus: Donald Trump (l.) und Joe Biden
© Jim Watson / Michael Brochstein / AFP / DPA

In diesem Jahr schien es fast so, als würde ihn das gleiche Los ereilen: Der monatelang als Favorit gehandelte Biden stürzte beim Auftakt der Vorwahlen ab, viele erklärten ihn für tot. Doch dann legte der Ex-Vizepräsident mit seinem Triumph beim "Super Tuesday" Anfang März eines der spektakulärsten Politik-Comebacks der US-Geschichte hin. Auch bei den folgenden Vorwahlen räumte der Demokrat mit dem schlohweißen Haar und dem breiten Lächeln dermaßen ab, dass Sanders nun das Handtuch warf.

Bidens Schwächen sind nicht zu übersehen

Biden war für viele von Anfang an der beste Trump-Herausforderer: Er hat beispiellose politische Erfahrung, spricht die gesamte politische Mitte an, genießt breiten Rückhalt bei wichtigen Wählergruppen wie Afroamerikanern und punktet mit seinem kumpelhaften Auftreten auch bei jenen Arbeitern, die die Demokraten 2016 an Trump verloren hatten. 

Biden setzt darauf, dass sich auch viele Republikaner nach den turbulenten Trump-Jahren nach Ruhe und Verlässlichkeit sehnen – und das strahlt "Onkel Joe" aus wie kaum ein anderer.

Doch seine Schwächen sind nicht zu übersehen. Seine Verankerung im Politik-Establishment macht ihn angreifbar. Biden ist berühmt-berüchtigt für Aussetzer und Gedächtnislücken, verhaspelt sich oft in seinen Reden. Trump, der sich pausenlos über den "schläfrigen Joe" mokiert, stellt ungeniert dessen geistige Fitness infrage.

Biden hat zudem große Schwierigkeiten, junge Wähler zu erreichen. Das gilt auch für die vielen Sanders-Anhänger, die eine "politische Revolution" in den USA fordern und die Biden für sich gewinnen muss. Zuletzt hat der moderate Demokrat deswegen mehrere Vorschläge des progressiven Parteiflügels übernommen. 

Während die Präsidentschaftswahl jetzt auf ein Duell zwischen Trump und Biden hinausläuft, dürfte die zentrale Frage werden, wie sich die Coronavirus-Krise auf den Wahlkampf auswirkt. Biden versucht zwar, sich inmitten des erratischen Krisenmanagements des Präsidenten als erfahrener Ruhepol zu positionieren. Er hat aber von seinem Haus in Wilmington im Bundesstaat Delaware aus große Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Trump dagegen ist in den Medien dauerpräsent.

Die Vorwahlen der Demokraten sind entschieden - die wahre politische Schlacht geht jetzt aber erst los.

AFP
mad / Fabian Erik Schlüter