Eigentlich könnte man meinen, dass Donald Trump gerade anderes im Kopf hat, als den ersten inhaltlichen Großkampf des US-Wahlkampfes einzuleiten. Schließlich steht Trump in New York vor Gericht. Aber Trump wäre ja nicht Trump, wenn er parallel nicht alles dafür tun würde, um Hoheit über Schlagzeilen zu bekommen. stern-US-Korrespondent Marc Etzold machte sich in den vergangenen Tagen ein Bild vom Stand des Prozesses, saß im Gerichtssaal und erlebte einen "Mann zwischen zwei Welten". Und so ist es dann vielleicht doch wieder typisch Trump, dass er just diesen Moment wählt, um in die Offensive zu gehen. Zwei Welten eben. Drinnen die Probleme, draußen, dass was er am besten kann: vollmundige Ankündigungen.
So hat er dem "Time"-Magazin nun, rund ein halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl in den USA, ein bemerkenswertes Interview gegeben. "Time" titelt mit Trump, "If he wins" ("Wenn er gewinnt"), lautet die neutrale Überschrift. Doch wer sich Inhalt und Ausblick anschaut, stellt schnell fest, dass dieses Interview trotz aller Neutralität schnell polarisieren wird. Zu drastisch die Tragweite seiner Pläne.
Donald Trump: Massenabschiebungen, Haftlager, Schwangerschaftsüberwachung
Es geht um Massenabschiebungen, um mögliche Haftlager und um Überwachung von Schwangerschaften, um Abtreibungen zu verhindern. Ein kleiner Überblick der zentralen Aussagen:
- Auf die Frage, ob er im Umgang mit politischen Gegnern bereit sei, Teile der US-Verfassung außer Kraft zu setzen, sagte Trump: Seiner Ansicht nach sei "der Feind von Innen oft gefährlicher für unser Land als äußere Feinde wie China, Russland oder viele andere".
- Zur Einwanderungspolitik sagte Trump, ihm werde nichts anderes übrig bleiben, als Massenabschiebungen vorzunehmen. Dazu solle die Nationalgarde eingesetzt werden. "Aber ich hätte auch kein Problem damit, das Militär zu nutzen". Auf einen Einwand des Interviewers, dass US-Gesetze den Einsatz der Armee gegen Zivilisten auf US-Boden verbieten, entgegnete der Ex-Präsident, bei illegal ins Land gekommenen Menschen handele es sich "nicht um Zivilisten", sondern um "eine Invasion". Haftlager für Migranten schloss er nicht aus.
- Zu dem im Wahlkampf heftig umstrittenen Thema Schwangerschaftsabbruch sagte Trump, die einzelnen US-Bundesstaaten sollten ihre Abtreibungsgesetze selbst festlegen. Auf die Frage, ob Bundesstaaten Schwangerschaften von Frauen überwachen sollten um zu überprüfen, ob diese eine Abtreibung vornehmen, antwortete der Rechtspopulist, "ich glaube, das könnten sie machen". Der Einführung eines US-weiten Abtreibungsverbots werde er sich nicht in den Weg stellen.
Und dann war da natürlich noch die Frage nach möglicher Gewalt im Falle einer erneuten Wahlniederlage. Das Interview war im April in zwei Teilen geführt worden. Trump wurde beide Male dazu befragt, ob er mit politischer Gewalt nach dem Wahlgang rechne. Beim ersten Mal antwortete der frühere Präsident: "Ich denke, wir werden einen großen Sieg erringen. Und ich denke, dass es keine Gewalt geben wird."
"Es kommt immer auf die Fairness einer Wahl an"
Im zweiten Teil des Interviews wurde er dann konkret gefragt, was im Falle einer Niederlage passieren würde. "Ich denke, wir werden gewinnen. Und wenn wir nicht gewinnen, kommt es darauf an. Es kommt immer auf die Fairness einer Wahl an." Dann nahm er Bezug auf seine hinlänglich widerlegte Behauptung, bei der Präsidentenwahl 2020 durch massiven Betrug um den Sieg gebracht worden zu sein: "Ich glaube dieses Mal werden sie nicht damit durchkommen. Und wenn das der Fall ist, werden wir auf rekordmäßige Weise gewinnen." Nach einem Wahlsieg werde er juristisch gegen den derzeitigen Präsidenten Joe Biden vorgehen: "Biden wird sicher für all seine Verbrechen verfolgt werden, denn er hat viele Verbrechen begangen", sagte der 77-Jährige, ohne dies näher auszuführen.

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