Mehr als zweieinhalb Jahre nach seinem letzten Twitter-Eintrag hat Donald Trump sein denkwürdiges Polizeifoto zum Anlass genommen, um zur Twitter-Nachfolgeplattform X zurückzukehren. Der frühere US-Präsident postete dort am späten Donnerstagabend (Ortszeit) das Bild, das kurz zuvor in einem Gefängnis in Atlanta aufgenommen worden war. Trump hatte sich dort den Strafverfolgungsbehörden gestellt, nachdem im Bundesstaat Georgia Anklage wegen versuchten Wahlbetrugs gegen ihn erhoben worden war. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber versuchte das historisch einmalige Bild umgehend für seine Zwecke zu nutzen und versah es mit den in Großbuchstaben geschriebenen Worten: "Wahlbeeinflussung. Niemals aufgeben!".
Elon Musk hatte Trumps Konto wieder freigegeben
Trump war gegen Ende seiner Amtszeit bei großen Online-Plattformen gesperrt worden, nachdem seine Anhänger am 6. Januar 2021 den Sitz des US-Parlaments in Washington gestürmt hatten. Vor dem beispiellosen Gewaltausbruch hatte er seine Anhänger angestachelt mit der haltlosen Behauptung, er sei durch Betrug um den Sieg bei der Präsidentenwahl 2020 gebracht worden. In seinen Online-Botschaften vor und nach der Kapitol-Attacke zeigte er offen Sympathie für die Randalierer. Die Plattformbetreiber befürchteten daher, dass es neue Gewalt geben könnte, wenn Trump nicht verbannt würde - und blockierten seine Konten.
Inzwischen hat Trump den Zugang zu allen großen Online-Diensten zurückbekommen, wo er noch immer Millionen Follower hat. Und auf mehreren Kanälen meldete er sich auch zurück. Bei der Plattform Twitter, die seit kurzem X heißt, war er bis jetzt jedoch stumm geblieben. Stattdessen hatte er eine Twitter-Kopie mit aufgebaut, die Plattform Truth Social.
Bei Twitter war sein Account schon im vergangenen Herbst auf Geheiß des neuen Besitzers Elon Musk wieder freigeschaltet worden. Der bislang letzte Tweet dort stammte jedoch weiterhin von Januar 2021. Vor und während seiner Amtszeit im Weißen Haus war Twitter das wichtigste Sprachrohr für Trump, dort hatte er bis zur Sperre mehr als 80 Millionen Follower und erreichte weltweite Aufmerksamkeit mit seinen Botschaften.
Trump hat auf X 86 Millionen Follower
Trump will als Kandidat der Republikaner in die Präsidentenwahl 2024 ziehen und muss dafür den parteiinternen Vorwahlkampf gewinnen. Mehr Online-Reichweite käme ihm dafür gelegen. Bei Truth Social hat er gut sechs Millionen Abonnenten, bei Facebook sind es 34 Millionen – bei X weiter mehr als 86 Millionen.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Dort meldet er sich nun mit einem Knall zurück: mit dem denkwürdigen Polizeifoto, das die Behörden in Atlanta kurz zuvor publik machten. Trump ist der erste Ex-Präsident, der wegen einer Straftat angeklagt wurde und in der Folge ein Polizeifoto von sich machen lassen musste. Das Bild dürfte daher in die Geschichte eingehen.
Trump weist alle Vorwürfe gegen sich zurück und wertet die Strafverfolgung als Versuch seiner politischen Gegner, ihn von einem Wiedereinzug ins Weiße Haus abzuhalten. Trump war gemeinsam mit 18 weiteren Beschuldigten angeklagt worden wegen seiner Versuche, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 in Georgia zu beeinflussen. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Republikaner und den anderen Angeklagten eine Frist bis zu diesem Freitag gesetzt, um aus freien Stücken bei den Behörden in Atlanta vorstellig zu werden.
Bereits am Dienstag und Mittwoch waren diverse Angeklagte in dem Fall im Bezirksgefängnis in Atlanta erschienen, wo ihre Personalien aufgenommen und Polizeibilder gemacht wurden. Am Donnerstagabend (Ortszeit) folgte nun Trump, um das formale Prozedere, das einer Anklage folgt, über sich ergehen zu lassen. Die Behörden in Atlanta gewährten ihm dabei aber – anders als die Behörden in den anderen Strafverfahren gegen Trump in New York, Miami und Washington – keine Ausnahmeregelungen.