Wenn sich Donald Trump in Georgia seiner Anklage wegen versuchter Wahlbeeinflussung stellt, kann die ganze Welt live zusehen. Der Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten werde per Livestream ins Internet übertragen, hat Richter Scott McAfee am Donnerstag (Ortszeit) entschieden. Die Verwendung von Aufzeichnungsgeräten würde "die Rechtspflege nicht stören".
McAfee, der das Mammutverfahren gegen Trump und 18 Mitangeklagte am Fulton County Superior Court leitet, erklärte, er werde einen Youtube-Stream aller Anhörungen und Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Verfahren erlauben. Das Gericht übernehme die Übertragung selbst. "Wir haben alle unsere wichtigen Verfahren auf einem von Fulton County zur Verfügung gestellten Youtube-Kanal live gestreamt, und unser Plan war es, dies auch in diesem Fall zu tun", sagte der Richter. Auch Foto- und Videoaufnahmen des Verfahrens durch den Pressepool sollen gestattet sein.
In einer separaten Anordnung vom Donnerstag erlaubte McAfee auch die Nutzung von Handys und Laptops im Gerichtssaal. "Es wird hiermit genehmigt, dass alle Parteien und Zuschauer während der gesamten Dauer dieses Falles Aufnahmegeräte [...] oder Nicht-Aufnahmegeräte verwenden dürfen", heißt es in dem Papier. Der Richter stellte allerdings klar, dass Telefone oder Laptops nur benutzt werden dürften, um im Gerichtssaal zu kommunizieren. Die Aufzeichnung der Verhandlung selbst sei damit nicht gestattet und der Fernsehübertragung und dem Livestream vorbehalten.
Livebilder von Trump-Prozess bislang nur in Georgia erlaubt
In Georgia sind Kameras im Gerichtssaal erlaubt, solange sie das Verfahren nicht stören. Bei den drei anderen Strafverfahren, die Trump am Hals hat – in Washington ebenfalls wegen seiner Umtriebe nach der Wahl 2020, in Miami wegen seines Umgangs mit geheimen Regierungsdokumenten und in New York im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels – wurden Kameras bislang nicht zugelassen.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Fani Willis, Staatsanwältin aus Georgias Hauptstadt Atlanta, wirft Trump in 13 Punkten vor, sich mit Verbündeten verschworen zu haben, um das Ergebnis der von ihm verlorenen Präsidentschaftswahl 2020 in dem Südstaat zu kippen. Unter anderem sollen er und seine mutmaßlichen Komplizen öffentliche Amtsträger gedrängt haben, ihren Amtseid zu verletzen. Der 77-Jährige bestreitet die Anschuldigungen und hat auf nicht schuldig plädiert. Ein Termin für seinen Prozess wurde noch nicht festgelegt.
Quellen: CBS News, ABC News, "Huffington Post"