Donald Trump darf als US-Präsident Verurteilte begnadigen und Gefängnisstrafen verkürzen. Alle US-Präsidenten haben von diesem noblen Recht Gebrauch gemacht. In der Regel greifen die Männer im Oval Office dabei auf Einschätzungen des Justizministeriums zurück, das bestimmte Kriterien für die Begnadigungspraxis (oder Strafmilderung) erarbeitet hat. Die Frage nach der Reue spielt eine Rolle oder die Abwägung, ob der Verurteilte der Gesellschaft wieder schaden kann.
Auch persönliche Motive spielen eine Rolle. Trumps Vorgänger Joe Biden schützte seinen Sohn Hunter Biden vor einer Gefängnisstrafe, nachdem dieser wegen Steuerhinterziehung und illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden war. Bill Clinton begnadigte an seinem letzten Tag im Amt einen Geschäftsmann, der der Steuerhinterziehung und des Ölhandels mit dem Iran beschuldigt worden war. Dessen Ehefrau hatte für die demokratische Partei gespendet.
Begnadigungen sind Teil von Trumps politischem Programm
Trump nutzt sein Recht auf Begnadigungen gezielt, um Wähler und Unterstützer bei der Stange zu halten. Oder aus geschäftlichen oder propagandistischen Gründen. Spenden, Geschäftsbeziehungen und Fürsprecher sind entscheidend, weniger rechtsstaatliche oder ethische Erwägungen. 237 Begnadigungen erteilte Trump in seiner ersten Amtszeit, die meisten davon hektisch in den letzten Tagen im Oval Office.
Nach knapp einem Jahr seiner zweiten Amtszeit hat Trump schon über 1800 Menschen frei gesprochen – etwa 1500 davon waren wegen des gewalttätigen Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verurteilt worden. Kaum zurück im Oval Office, begnadigte Trump die Kapitolstürmer zum Dank, weil sie zu seinen treuesten Unterstützern zählen (und er sie angestachelt hatte).
"Dies ist ein goldenes Zeitalter für politisch vernetzte Schwerverbrecher. Wer auch immer gesagt hat, dass sich Verbrechen nicht lohnen, hat sich sicherlich nicht mit der Trump-Regierung beschäftigt", sagte der demokratische Kongressabgeordnete Jamie Raskin, Mitglied im Justizsausschuss des Repräsentantenhauses, im Sommer mit Blick auf Trumps Begnadigungspraxis.
Sehen Sie in der Fotostrecke zehn Beispiele für Trumps fragwürdige Praxis.
Quellen: "Süddeutsche Zeitung", "Spiegel", "The Guardian", "New York Times", CNN