Repräsentative Umfrage Nach den Trump-Jahren: Fast zwei Drittel der US-Amerikaner halten dritte Partei für notwendig

Immer nur die Entscheidung zwischen A und B. Das festgefahrene Zwei-Parteien-System trägt maßgeblich zur Polarisierung der US-Gesellschaft bei. Ein Großteil der Amerikaner wünscht, dass sich das ändert; auch eine Mehrheit der Republikaner.

Eine große Mehrheit der Amerikaner:innen hat es satt. Laut einer am Montag veröffentlichten, repräsentativen Umfrage des renommierten Meinungsforschungsinstitut Gallup sind 62 Prozent der US-Bürger:innen der Ansicht, dass die beiden großen Parteien – die Demokraten von Joe Biden und die Republikaner um Donald Trump – "das amerikanische Volk so schlecht repräsentieren, dass eine dritte Partei nötig ist." Bemerkenswert: Unter den Republikanern ist der Wunsch nach einer dritten Partei sogar noch ein klein wenig größer. Hier wünschen sich 63 Prozent eine weitere Partei, nur 46 Prozent sind es bei den Demokraten und 70 Prozent bei den "politisch Unabhängigen".

Die Gallup-Zahlen wurden zwischen dem 21. Januar und dem 2. Februar erhoben. Nie zuvor seit Gallup im Jahr 2003 mit den entsprechenden Erhebungen begonnen hat, war die Forderung nach einer dritten Partei größer als jetzt. Besonders groß ist der Sprung unter den Republikanern, von denen noch im September vergangenen Jahres, zwei Monate vor der letzten Präsidentenwahl, nur 40 Prozent sich eine neue große politische Organisation wünschten. Hier dürften die Abwahl von Donald Trump und die Wahlbetrugs-Kampagne ihre Wirkung hinterlassen haben.

Nur jeder Dritte mit großen Parteien zufrieden

Nur jeder dritte Amerikaner (33 Prozent) findet laut der Gallup-Umfrage, dass die beiden großen Parteien angemessene Arbeit leisten. Über die demokratische Partei würden das 48 Prozent sagen, über die Republikaner nur 37 Prozent. Beide Parteien leiden darunter, dass es mehrere starke Strömungen in ihren Reihen gibt. So seien 34 Prozent der Demokraten der Ansicht, dass die Partei mehr nach links driften sollte, ebenfalls 34 Prozent möchten, dass es so bleibt, wie es ist, und immerhin 31 Prozent favorisierten eine konservativere Ausrichtung. Bei den Republikanern sei der Trend eindeutiger. Während nur 24 Prozent sich wünschen, die Grand Old Party (GOP) solle moderater agieren, sind 40 Prozent der Ansicht, sie sollte mehr nach rechts rücken.

Dazu passt das Ergebnis einer weiteren repräsentativen Umfrage, die am Montag veröffentlicht wurde. Laut einer Erhebung der privaten Quinnipiac University in Connecticut wollen 75 Prozent der Republikaner, dass Donald Trump weiterhin eine prominente Rolle in der Partei spielt (60 Prozent aller US-Amerikaner sind dagegen). Sogar 87 Prozent der GOP-Mitglieder sagen, dass Trump auch wieder ein gewähltes Amt übernehmen sollte (55 Prozent aller US-Bürger finden, dass sollte ihm nicht erlaubt werden). 

Donald Trump: Republikaner-Führer oder einer neuen Partei?

"Er mag im Moment geschlagen sein", analysiert Tim Malloy von der Quinnipiac-Universität in einer Pressemitteilung, "aber er ist sicherlich bei der GOP nicht in Ungnade gefallen". Trotz zweifachen Impeachments, von den Demokraten schwer beschuldigt und von den sozialen Medien praktisch zum Schweigen gebracht, sei Trump nach wie vor fest verankert in der republikanischen Partei, so Malloy weiter. Laut den Gallup-Zahlen wollen 68 Prozent der Republikaner, dass der abgewählte Präsident die Partei führt; unter den Anhängern der konservativen Partei ist es mit 47 Prozent eine knappe Minderheit.

Unter Republikanern, die sich für eine dritte Partei aussprechen, ist zweierlei denkbar: Zum einen könnten sich die moderaten Kräfte abspalten und neu organisieren, während die bestehende GOP unter Trump endgültig nach rechts rückt. Zum anderen könnte Donald Trump die treibende Kraft hinter einer Partei-Neugründung sein. In diesem Fall, so eine weitere kürzlich veröffentlichte Umfrage von CBS und YouGov, hätten Zweidrittel der befragten Republikaner Interesse daran, der neuen Trump-Partei (möglicherweise) beizutreten (33 Prozent würden über einen Beitritt konkret nachdenken, 37 Prozent würden eine Beitritt zumindest in Erwägung ziehen). Nur 30 Prozent der Republikaner sagten in dieser Umfrage klar und deutlich, dass sie einer neuen Trump-Partei nicht angehören wollten.

Wahlsieg hat Demokraten vorerst beruhigt

Und die Demokraten? Nur 46 Prozent unter ihnen sind laut der Gallup-Umfrage der Ansicht, dass es eine weitere große Partei braucht. Das sind sechs Punkte weniger als vor der letzten Wahl. Joe Bidens Wahlsieg und der Gewinn der Mehrheit im Senat dürften die Wogen innerhalb der Partei geglättet haben, heißt es. Hier fehlt zudem eine Reizfigur wie Donald Trump, an der sich die Hoffnung auf die Gründung einer Abspaltung festmachen könnte. Zudem sind die Lager in der demokratischen Partei – wie bereits gezeigt – nahezu gleich groß, so dass sich eine Parteigründung eher im konservativen Lager abzeichnet. Allerdings sagen die Umfragen nichts darüber aus, ob sich tatsächlich die Gründung einer Partei abzeichnet.

Im Schatten der beiden großen Parteien existieren im Übrigen eine ganze Reihe kleinerer und regionaler Parteien. Darunter befinden sich Sozialdemokraten, Kommunisten, mehrere Arbeiterparteien, eine Piraten- und auch eine Anti-Alkohol-Partei. Drei dieser Parteien sind bedeutender, ohne freilich wirklichen Einfluss zu haben. Das sind die Grünen, die Green Party, die libertäre Libertarian Party und die Verfassungspartei, die Constitution Party, die Positionen rechts der Republikaner vertritt. Keine der drei Parteien hält allerdings einen Sitz im Kongress. Sowohl die Grünen (Howie Hawkins) als auch die Libertären (Jo Jorgenson) schickten bei der letzten Wahl eigene Kandidat:innen ins Rennen gegen Donald Trump und Joe Biden. Sie blieben erwartungsgemäß ohne Chance und ohne große Beachtung.