Chinas Regierung hat empört auf die Ernennung des Dalai Lama zum Ehrenbürger von Paris reagiert und sie als "grobe Einmischung in innere Angelegenheiten" verurteilt. Die Sprecherin des Außenministeriums, Jiang Yu, sagte vor der Presse in Peking, das Vorgehen untergrabe die chinesisch-französischen Beziehungen und besonders die bestehende Städtepartnerschaft zwischen Paris und Peking. Nach den negativen Kommentaren in Frankreich über China und den Angriffen auf die olympische Fackel in Paris sei die Ehrenbürgerschaft "eine weitere schwere Provokation".
Tibet sei ein untrennbarer Teil Chinas, führte Yu aus. Niemand solle den Dalai Lama benutzen, um sich in innere Angelegenheiten Chinas einzumischen. Die "Dalai Lama Clique" habe die Unruhen der Tibeter am 14. März in Lhasa von langer Hand geplant und organisiert. Die Ehrenbürgerschaft fördere die "Arroganz" des Dalai Lamas und der exiltibetischen Separatisten noch weiter. Frankreich müsse wirksame Maßnahmen ergreifen, um die negativen Auswirkungen durch das Vorgehen des Stadtrates von Paris zu beseitigen und aufhören, tibetische Unabhängigkeitskräfte stillschweigend zu dulden und zu unterstützen.
In ihrer Reaktion erwähnte die Sprecherin nicht die ebenfalls verliehene Ehrenbürgerschaft für den jüngst zu dreieinhalb Jahren verurteilten chinesischen Bürgerrechtler Hu Jia. Der 34-Jährige war Anfang April wegen "Aufrufs zur Untergrabung der Staatsgewalt" verurteilt worden. Die Anklage hatte ihm unter anderem vorgeworfen, Artikel auf ausländischen Webseiten veröffentlicht und ausländischen Medien Interviews gegeben zu haben.
Sarkozy versucht, Wogen zu glätten
Nur die Sozialisten und die Grünen im Rat der französischen Hauptstadt hatten für die beiden Ehrenbürgerschaften gestimmt. Die Konservativen lehnten die Ernennungen ab und blieben der Abstimmung deshalb fern. Das Votum erfolgte auf Vorschlag des sozialistischen Bürgermeisters Bertrand Delanoë und könnte die Bemühungen von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy torpedieren, die strapazierten Beziehungen zu China wieder zu verbessern.
Frankreich war am Wochenende bereits Ziel von Protesten in mehreren Städten Chinas. Die Aktionen richteten sich vor allem gegen Kaufhäuser der Einzelhandelskette Carrefour. Zudem wurde zu einem Boykott französischer Waren aufgerufen.
Sarkozy bemüht sich unterdessen mit der Entsendung hoher Emissäre um Entspannung mit Peking. Seit Wochenanfang befindet sich Senatspräsident Christian Poncelet, der zweite Mann im Staat, in China. Er soll unter anderem Staatschef Hu Jintao einen Brief Sarkozys übergeben. Noch diese Woche reisen Ex-Premier Jean-Pierre Raffarin und Sarkozys diplomatischer Berater Jean-David Levitte nach China. Weiter offen lässt Sarkozy, ob er als dann amtierender EU-Ratspräsident im August zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele nach Peking reist.