Die Asylvorschriften in der EU werden deutlich verschärft. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments final auf entsprechende Gesetzestexte, wie die Institutionen am Mittwoch mitteilten. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen.
Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet, dass die Reform für Deutschland Entlastung bringt. "Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind – auch Deutschland", schrieb der SPD-Politiker am Mittwoch auf der Online-Plattform X nach dem am Morgen erzielten Durchbruch in den Verhandlungen zur Asylreform. Die Einigung sei ein "ganz wichtiger Beschluss".
Nancy Fraeser lobt Asylreform der EU
Ungeachtet der Kritik von Flüchtlingsrechtsorganisationen ist auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser hochzufrieden mit der Einigung. "Ich habe die ganze Nacht hart um Zustimmung im Rat und im Parlament gerungen und viele Gespräche geführt", sagte die SPD-Politikerin laut einer Mitteilung ihres Ministeriums. Sie betonte: "Wenn wir das Europa der offenen Grenzen im Inneren bewahren wollen, müssen wir die Außengrenzen schützen und funktionierende Verfahren erreichen."
Die Bundesregierung wolle ein Ende des Sterbens auf dem Mittelmeer sowie der rechtlosen und chaotischen Zustände an den Außengrenzen der Europäischen Union. Beides könne nur mit praxistauglichen europäischen Lösungen erreicht werden. Deshalb müsse künftig an den EU-Außengrenzen "strikt kontrolliert und registriert werden". Wer nur geringe Aussicht auf Schutz in der EU habe, werde ein rechtsstaatliches Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen und im Fall einer Ablehnung von dort zurückkehren müssen.
Baerbock nennt Einigung "dringend notwendig"
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Einigung als "dringend notwendig und längst überfällig" bezeichnet. Angesichts der Freizügigkeit in Europa brauche es für alle verlässliche Regeln in diesem Bereich, teilte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in Berlin mit. Zugleich räumte sie ein, dass sich Deutschland nicht mit allen Anliegen durchsetzen konnte.
Aus diesen Ländern beantragen die meisten Menschen Asyl in Deutschland

Zwischen Neujahr und Ende Mai 2024 haben 1623 Menschen aus Guinea in Deutschland einen Asylantrag gestellt.
Erstmals würden die EU-Staaten zur Solidarität verpflichtet, künftig solle es eine europäische Verteilung von Migranten geben, betonte Baerbock. "Denn die unmenschlichen Zustände an der EU-Außengrenze dürfen nicht das Gesicht bleiben, das Europa der Welt zeigt."
Christian Lindner sieht richtige Schritte
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb auf X: "Mit der überfälligen Einigung zur EU-#Asylreform gehen wir die nächsten richtigen Schritte in Richtung einer neuen Realpolitik in der Migration."
Nouripour beklagt "schmerzhafte Punkte"
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour zieht ein gemischtes Fazit zur Einigung auf eine Reform des europäischen Asylsystems. Wie auch Außenministerin Annalena Baerbock bewertete Nouripour den Einstieg in eine Verteilung von Migranten in Europa positiv. Hier sei in den Verhandlungen eine Verbesserung erzielt worden, sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Die Ergebnisse enthalten an vielen Stellen schmerzhafte Punkte" räumte Nouripour aber ein. "Beispielsweise die Verpflichtung der Außengrenzstaaten zu Verfahren an den Grenzen sehen wir weiterhin kritisch." Die Grünen hätten sich gewünscht, dass der Rat als Vertretung der EU-Staaten mehr auf die Position des Europaparlaments eingeht. Dies sei unter anderem durch die unterschiedlichen, größtenteils sehr restriktiven Positionen der anderen EU-Staaten erschwert worden.
"Als Grüne haben wir für konkrete Lösungen gekämpft, die Humanität und Ordnung zusammenbringen, die unseren humanitären Ansprüchen und Verpflichtungen ebenso gerecht werden wie den großen Herausforderungen in unseren Kommunen und an den Außengrenzen sowie unserer europapolitischen Verantwortung", sagte Nouripour. "Die derzeitige Situation an den europäischen Grenzen ist unerträglich. So darf es nicht bleiben." Deshalb seien die Grünen bereit gewesen, sich auch auf schwierige Verhandlungen über eine Reform des europäischen Asylsystems einzulassen.