Bei den Grünen verschärft sich der Streit um den europäischen Asylkompromiss. Erste Grünen-Politiker bringen einen Sonderparteitag ins Spiel. "Familien und Kinder müssen, so wie es ursprünglich verabredet war, von den Verfahren an den EU-Außengrenzen ausgenommen werden. Ich sehe nicht, wie man sonst eine unschöne Zuspitzung des Streits in Fraktion und Partei verhindern will", sagte Außenpolitiker Jürgen Trittin dem stern. Es gehe in dieser Frage um echte grüne DNA. Einen Sonderparteitag würde er gerne vermeiden, da ein solcher die Partei womöglich über Monate lähmen könnte, so Trittin.
"Zur Asylreform in dieser Form ja zu sagen, war ein Fehler. Das sollten eigentlich alle, die bei uns dafür verantwortlich waren, mittlerweile auch so sehen", sagte der Europaabgeordnete Erik Marquardt. Die Grünen-Spitze habe beim kleinen Parteitag am kommenden Wochenende die Chance, diesen Fehler einzugestehen. "Wenn das nicht passiert, werden wir um einen Sonderparteitag wohl kaum herumkommen."
Der grüne Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke nannte die Beschlüsse der EU-Innenminister "eine historische Schande". Er bekomme "viele geschockte Reaktionen", sagte er. "Wir müssen für uns Klarheit haben, dass wir diese Entscheidung und ihre Konsequenzen nicht vertreten."
Die Beschlüsse der EU seien "ein ganz fatales Signal"
Der Beschluss der Innenminister aus der vergangenen Woche zur Verschärfung des Asylrechts hat die Grünen in eine schwere Krise gestürzt. Die Führungsriege der Partei steht unter Druck, darunter auch Außenministerin Annalena Baerbock, die den Kompromiss absegnete. "Es hat innerhalb der Bundesregierung offenbar überhaupt keine Folgeabschätzung gegeben", kritisiert der Europapolitiker Marquardt.
Für den kleinen Parteitag im hessischen Bad Vilbel am kommenden Wochenende werden harte Debatten über den Asylkompromiss erwartet. Astrid Rothe-Beinlich, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Thüringer Landtag, fordert, dass "sich der Länderrat eindeutig positioniert, das abzulehnen". Die Beschlüsse der EU seien "ein ganz fatales Signal".
In einer vorherigen Version stand hier, Astrid Rothe-Beinlich sei Landesvorsitzende der Thüringer Grünen, sie ist aber Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion in Thüringen. Wir haben den Fehler nachträglich berichtigt.