EU-Gipfel Die Zukunft Europas

Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen auf dem Londoner EU-Gipfel über die Finanzlage der Europäischen Union beraten. Deutschland wird ein letztes Mal von Gerhard Schröder vertreten.

Belastet vom Streit um die EU-Finanzen treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu Beratungen über eine europäische Antwort auf die Globalisierung. Der britische Premierminister und amtierende EU-Ratspräsident Tony Blair warb unmittelbar vor dem Treffen in der Nähe von London noch einmal eindringlich für Reformen in Europa. Der Gipfelrunde liegt ein 5-Punkte-Plan von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso vor, über den Blair Einigkeit herstellen will. Nur für diesen Fall sieht Blair eine Chance, die schwere Finanzkrise der EU vor Jahresende zu lösen. Für Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ist es der letzte EU-Gipfel.

Alle seien sich einig, dass man Europa voranbringen müsse, sagte Blair vor dem Europa-Parlament in Straßburg. Jetzt müsse auch die richtige Richtung gefunden werden. Die 25 Staats- und Regierungschefs kommen auf Schloss Hampton Court zusammen, um darüber zu beraten, wie die sozialen Errungenschaften Europas im scharfen Wettbewerb mit Asien und den USA bewahrt werden können.

"Der Status quo ist keine Option"

Barroso betont in seinem Papier, die EU müsse sich modernisieren, wenn sie ihre Werte erhalten wolle. "Der Status quo ist keine Option." Der Kommissionschef schlägt unter anderem einen 3,5 Milliarden Euro umfassenden Globalisierungsfonds für die Zeit von 2007 bis 2013 vor, um die sozialen Folgen des globalen Wettbewerbs etwa bei Firmenschließungen abzufedern. Im Bundesfinanzministerium stieß der Vorschlag allerdings auf erhebliche Skepsis.

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac warnte in einem Artikel für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" davor, die EU auf eine Freihandelszone zu reduzieren. Dies werde sein Land niemals akzeptieren. "Wir müssen wieder auf ein politisches und soziales Europa hinarbeiten, das auf den Grundsatz der Solidarität baut", schrieb Chirac. Gerhard Schröder hatte bereits vergangene Woche gewarnt, der soziale Zusammenhang in Europa dürfe nicht gefährdet werden. Europa brauche Wettbewerb, aber kein Sozialdumping.

Finanzielle Vorschau der EU muss dringend geregelt werden

Die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte in Berlin einen Abschluss der EU-Finanzverhandlungen noch 2005. "Europa braucht jetzt dringend einen Erfolg. Die EU muss ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen", sagte sie dem "Handelsblatt". Deutschland werde sich "kooperativ" zeigen, um einen EU-Finanzkompromiss möglich zu machen.

EU-Industriekommissar Günter Verheugen erwartet sich vom Gipfel ein klares Signal für mehr Innovation, Forschung und Spitzenleistungen. Allerdings werde es am Rande wohl auch um die Finanzen gehen. "Die Regierungschefs müssen dringend die finanzielle Vorschau der EU regeln. Hier zählt jeder Tag. Nur so können wir sicherstellen, dass wichtige EU-Programme nicht gefährdet werden", sagte Verheugen der "Westfälischen Rundschau".

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok äußerte sich skeptisch über die Chancen für eine Einigung unter britischer Präsidentschaft auf neue politische Prioritäten. "Tony Blair will nicht wirklich die Probleme anfassen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments. Blair habe in Straßburg Bekanntes gesagt. "Das britische Modell ist das Modell für Europa."

DPA
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