Grundsätze der Verfassung
Die Präambel beschreibt die Werte, auf die sich die künftige Union «der Bürger und Staaten Europas» gründet. Dazu gehören die «kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen». Der Konvent verständigte sich nicht auf einen ausdrücklichen Hinweis auf das Christentum. Jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates ist Bürger der Union. Er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft, die nationale und die Unionsbürgerschaft. Zur Verfassung gehört auch die Charta der Grundrechte der EU, wie sie im Dezember 2000 in Nizza verkündet wurde. Als Ziele wurden zudem «ein hohes Maß an Umweltschutz», die Vollbeschäftigung und die «wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft» festgeschrieben.
Zuständigkeiten
Es gibt ausschließliche Zuständigkeiten der Union etwa bei Handels- und Währungsfragen und geteilte Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten etwa in der Umwelt- und Energiepolitik. Alles, was nicht ausdrücklich in der Verfassung genannt wird, bleibt im Rahmen der Subsidiarität in der Zuständigkeit der Mitgliedsländer.
Die Institutionen der Union
Das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Ministerrat, die Europäische Kommission und der Gerichtshof sind die Organe der EU. Es wird eine «Doppelspitze» geben. Neben dem für fünf Jahre gewählten Kommissionspräsidenten soll es einen Präsidenten des Europäischen Rats der Staats- und Regierungschefs geben. Dessen Amtszeit dauert zweieinhalb Jahre und kann einmal verlängert werden. Da der Kommissionschef künftig Präsident des Rates in Personalunion sein kann, ist damit langfristig die Tür zu einer einzigen EU-Spitze offen (Großer Doppelhut). Der Kommissionspräsident wird auf Vorschlag des Rats vom Europäischen Parlament gewählt. Die Kommission wird nach 2009 auf 15 stimmberechtigte Mitglieder verkleinert. Bis dahin entsendet weiterhin jedes Mitgliedsland einen Kommissar nach Brüssel.
Außenminister
Es gibt künftig einen EU-Außenminister. Er wird mit Zustimmung des Kommissionspräsidenten vom Rat ernannt und ist Mitglied und Vizepräsident der Kommission (Doppelhut). Unter den allgemeinen Zielen steht: «Die Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die auf ... der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Vorgehens der Mitgliedstaaten beruht.»
Mehrheitsentscheidungen
In der Verfassung soll die Abkehr vom derzeit noch verbreiteten Veto- Recht hin zu Mehrheitsentscheidungen in vielen Bereichen der EU- Politik festgeschrieben werden. Auf welchen Feldern das gelten soll, ist noch offen. Darüber entscheidet der Konvent in seinen beiden letzten Sitzungen bis Mitte Juli. Vor allem Großbritannien verhinderte eine Abschaffung des generellen Vetorechts in der Außen- und Sicherheitspolitik.
Parlament und Bürgerbegehren
Das Europaparlament bekommt deutlich mehr Mitwirkungsrechte. Es entscheidet bei den meisten EU-Gesetzen mit. Neu ist ein europäisches Bürgerbegehren. Wenn mindestens eine Million Unterschriften zusammen kommen, muss sich die Kommission mit dem Thema befassen.
Klagerecht
Die nationalen Parlamente bekommen ein Klagerecht gegen EU- Entscheidungen vor dem Europäischen Gerichtshof. Das gilt in Deutschland auch für den Bundesrat.
Austrittsklausel
Nach den Vorschlägen des Konventspräsidiums soll es eine Austrittsklausel geben: Wer die Gemeinschaft wieder verlassen will, kann das tun.