Der britische Premierminister Tony Blair will bei einem Krisentreffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac die Positionen zur umstrittenen EU-Verfassung angleichen. Wie der in London erscheinende "Daily Telegraph" am Mittwoch berichtete, ist das Treffen noch vor der EU-Gipfelkonferenz am Freitag in Brüssel geplant. Downing Street bestätigte den Bericht zunächst nicht.
Nach den Angaben der Zeitung befürchtet Großbritannien, von Deutschland und Frankreich auf die "europäische Kriechspur" verbannt zu werden, falls London die bei dem Gipfeltreffen angestrebte Einigung auf eine gemeinsame europäische Verfassung gemeinsam mit Polen und Spanien durch ein Veto blockieren sollte. Nach dem Bericht haben Berlin und Paris den Druck auf Blair mit einem Appell an die EU-Mitgliedstaaten erhöht, nationale Interessen nicht über die der Union zu stellen. Frankreich und Deutschland schließen eine engere Integration beider Länder nicht aus, wenn die Verhandlungen zu der Verfassung scheitern sollten.
Die Briten beharren darauf, dass die Außen- und die Steuerpolitik unter nationaler Regie bleiben und dass in diesen Bereichen keine Verantwortung auf Brüssel übertragen wird. Auch im Streit um das künftige Abstimmungssystem im EU-Ministerrat sind die Fronten verhärtet. Außer Spanien und Polen wollen die anderen Mitgliedstaaten ein System der so genannten doppelten Mehrheit einführen. Danach gilt ein Beschluss als angenommen, wenn ihm mehr als die Hälfte der Staaten zustimmt, und diese zugleich mindestens 60 Prozent der EU- Bevölkerung repräsentieren. Deutschland und Frankreich bekräftigten, sie würden einen aus ihrer Sicht schlechten Kompromiss ablehnen.