Ein Verwandter von Saddam Hussein hat nach einem Bericht der arabischen Zeitung "Al-Hayat" der US-Armee geholfen, das Versteck des früheren irakischen Präsidenten aufzuspüren. Der Mann, der einem der wichtigsten Stämme in Saddams Heimatstadt Tikrit angehöre, habe für seine Hinweise die von den USA ausgesetzte Belohnung in Höhe von 25 Millionen US-Dollar kassiert, berichtete das in London erscheinende Blatt am Sonntag weiter. Nach Angaben der "New York Times" gelang dem US-Militär der Durchbruch bei der Jagd nach Saddam mit der Festnahme des „schwergewichtigen, glatzköpfigen Playboys", berichtet das Blatt unter Berufung auf Angehörige der irakischen Sicherheitskräfte, die mit den US-Militärs kooperierten. Wahrscheinlich habe er das Land verlassen.
Der 150-Kilo-Verräter
Die "New York Times" schreibt unter Berufung auf US-Quellen, die Festnahme eines etwa 150 Kilogramm schweren Mannes mittleren Alters, der früher einer Sondereinheit Saddams angehörte, habe letztlich gut eine Woche später zur Gefangennahme des Ex-Machthabers geführt. Die genaue Identität des Mannes werde nicht preisgegeben. Nach Angaben eines US-Geheimdienstmitarbeiters handelt es sich um einen von fünf hochrangigen Offizieren, die von Saddam mit wichtigen Aufgaben betraut wurden. Der gefangene Informant habe als eine Art Stabschef fungiert und sei einer der wenigen Getreuen Saddams gewesen, die immer über dessen Aufenthaltsort informiert gewesen seien.
Von Schokoriegel und Dosenobst ernährt
Das Blatt berichtet weiter, Saddam habe auf der Flucht in etwa 20 bis 30 unauffälligen Häusern von Familien- und Clanmitgliedern Unterschlupf gefunden. Er sei entweder zu Fuß oder mit einem kleinen Boot auf dem Tigris unterwegs gewesen. Bisweilen habe er - meist nachts und auf Nebenstraßen - auch Taxis, Kleinlaster oder andere Fahrzeuge benutzt. Dabei hätten ihn in der Regel nur zwei oder drei Vertraute begleitet. Er habe Haar und Bart wachsen lassen, statt italienischen Maßanzügen und Uniformen traditionelle Gewänder getragen, und sich von Schokoriegeln, Honig und Dosenobst ernährt.
Wendepunkt?
Das Mitglied des provisorischen irakischen Regierungsrates, Muwaffak el Rubai, sieht in der Festnahme Saddams einen Wendepunkt im Irak. Auf eine entsprechende Frage - nach seiner Begegnung mit Saddam im amerikanischen Gewahrsam - sagte Rubai dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Das ist die Wegscheide. Ich bin fast sicher, dass der Widerstand kurzfristig noch einmal auflodern wird, aber langfristig ist es vorbei".
Der spanische Ministerpräsident José María Aznar sprach sich am Samstag bei einem Blitzbesuch bei den Soldaten seines Landes im Irak gegen die Todesstrafe für Saddam aus. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder lehnte in einem Interview der "Bild am Sonntag" eine Verurteilung Saddams zum Tode ab.
Anschläge gehen weiter
Die Anschläge im Irak gingen auch am Wochenende weiter. Der arabische Fernsehsender El Dschasira meldete am Sonntag, an mehreren Ölleitungen nahe Tikrit seien nach Explosionen Brände ausgebrochen. Die irakischen Behörden gingen von Sabotageakten aus. Südlich von Bagdad wurde nach Angaben des irakischen Ölministeriums ein Tanklager mit Raketen angegriffen. Dadurch seien rund 10 Millionen Liter Benzin verbrannt, meldete die irakische Zeitung "Al-Sabah" weiter.
US-Soldaten erschossen in der Nacht zum Samstag bei Kirkuk im Nordirak irrtümlich drei irakische Polizisten und verletzten zwei weitere schwer. Wie der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf Militärquellen weiter berichtete, hatten die US-Soldaten die Polizei- Patrouille für Widerstandskämpfer gehalten.
In den vergangenen Wochen wurden nach Informationen der "Washington Post" (Samstag) im Irak 50 Saddam-Loyalisten von Unbekannten getötet. Als Täter würden vor allem Schiiten vermutet, die unter Saddam Hussein besonders zu leiden hatten.