Auf dem 15-stündigen Flug von Washington in die irakische Hauptstadt bekräftigte Rumsfeld, dass sein Ministerium in der Folter-Affäre nichts vertuscht habe. Er fliege auch nicht in den Irak, um Schadensbegrenzung zu betreiben. "Wir sorgen uns vielmehr um die richtige Behandlung der Gefangenen und wollen, dass sich die Soldaten richtig verhalten." Auch die Moral der Truppe, die weiterhin permanenten Attacken seitens der Aufständigen ausgesetzt ist, soll gehoben werden.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen landete Rumsfeld am Morgen auf dem Flughafen in Bagdad, wo er im Tagesverlauf mit hochrangigen US-Militärs Gespräche führen wollte. Begleitet wurde er vom US-Generalstabschef Richard Myers. "Dies ist eine schreckliche Tragödie", sagte dieser mit Blick auf die zahlreichen Fotos von Gefangenen-Misshandlungen im Irak.
Noch weitaus schlimmere Misshandlungen
Die im US-Kongress gezeigten Bilder dokumentieren offenbar weitaus schlimmere Gefangenenmisshandlungen als bisher bekannt. Die Senatoren konnten am Mittwochabend drei Stunden lang rund 1.600 Bilder einsehen, die nach dem Willen der Regierung von US-Präsident George W. Bush jedoch nicht veröffentlicht werden sollen. Das Material dokumentiere "grausame, sadistische Folter", sagte die republikanische Abgeordnete Jane Harman. "Schreckliche, furchtbare Szenen", sagte der unabhängige Senator James Jeffords.
Männliche und weibliche irakische Häftlinge seien zu sexuellen Handlungen an sich und anderen gezwungen worden, berichteten Angeordnete. Einige Gefangene hätten geblutet. "Ich habe keine Ahnung, wie zur Hölle diese Leute in unseren Militärdienst gekommen sind", sagte Senator Ben Nighthorse Campbell über die Soldaten, die an den Misshandlungen beteiligt waren.
Vizepräsident Dick Cheney ist gegen eine Veröffentlichung
Eine Veröffentlichung der Dokumente würde lediglich die Sensationsgier der Medien bedienen und die internationale Empörung weiter schüren, sagte Vizepräsident Dick Cheney zur Entscheidung, das Material vorerst unter Verschluss zu halten. Mehrere Abgeordnete sprachen sich ebenfalls für eine Geheimhaltung aus, um eine weitere Gefährdung der amerikanischen Truppen zu vermeiden.
Etliche US-Senatoren erklärten, die Misshandlungen und sexuellen Demütigungen seien viel zu gezielt erfolgt, um das Werk einzelner zu sein. Senatorin Susan Collins sagte, für die bekannt gewordenen Praktiken sei viel Wissen darüber notwendig, was für die Gefangenen erniedrigend sei.
Die Bilder sollten weitere Häftlinge einschüchtern
Nach Angabe eines Militärsprechers wurden die Bilder aus dem Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad privat von Soldaten aufgenommen. Offensichtlich sollten damit weitere Häftlinge und die Familien von Gefangenen eingeschüchtert werden, erklärte Senator John Warner.
Vor seinem Flug nach Bagdad hatte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Verhörmethoden als mit internationalem Recht vereinbar verteidigt. Rumsfeld betonte, insgesamt seien die Methoden bei den Streitkräften gerechtfertigt. Die Anwälte des Pentagon hätten Praktiken wie Schlafentzug und Änderungen in der Ernährung von Häftlingen genehmigt. Auch dürften Gefangene dazu gezwungen werden, in unangenehmen Stellungen zu verharren.
Angeblich wurde nur auf Anweisung von oben gefoltert
Die mittlerweile angeklagte US-Soldatin Lynndie England, 21 Jahre alt, sagte, die Häftlinge im Abu-Ghraib-Gefängnis von Bagdad seien auf Anweisung ihrer Vorgesetzten gefoltert worden: "Personen mit höherem Rang" hätten ihr etwa befohlen, eine Leine zu halten, die um den Hals eines nackten Gefangenen lag, und in die Kamera zu lächeln.
Keiner der bereits Angeklagten habe das Gefühl, etwas Unrechtes getan zu haben, sagte England, schließlich seien nur Befehle befolgt worden. Auf zahlreichen Zeitungsfotos war die mittlerweile in die USA zurück versetzte Gefreite zu sehen, wie sie in dem Gefängnis eine Leine hält, die um den Hals eines am Boden liegenden nackten Häftlings geschlungen ist.
"Wir haben unsere Arbeit getan"
"Von unserer Warte aus haben wir unsere Arbeit getan, was bedeutet, dass wir getan haben, was von uns verlangt wurde und das Ergebnis war das, was sie wollten." Der ermittelnde US-Generalmajor Antonio Taguba hatte vor einem Ausschuss des Senats ausgeschlossen, dass die Soldaten eine Anweisung hatten, die Gefangenen mit einer systematisch entwürdigenden Behandlung für Verhöre aussagebereit zu machen.
Unterdessen hat George W. Bush weitere 25 Milliarden Dollar für militärische Operationen in Irak und Afghanistan im kommenden Jahr beim Kongress beantragt. Die Summe soll die ersten Monate des neuen Haushaltsjahres abdecken, eine Billigung gilt als sicher. In dem am Mittwoch geforderten Milliardenbetrag sind jedoch noch nicht die Kosten für den Wiederaufbau der beiden Länder enthalten. Schätzungen einiger Abgeordneter zufolge kommen auf das Verteidigungsministerium daher insgesamt Kosten in Höhe von rund 75 Milliarden Dollar zu.