Angesichts der anhaltenden Unruhen in Frankreich will die Regierung den in der vergangenen Woche verhängten Notstand um drei Monate verlängern. Staatspräsident Jacques Chirac und Premierminister Dominique de Villepin wollten dem Kabinett eine entsprechende Gesetzesinitiative zur Beratung vorlegen, sagte Regierungssprecher Jean-François Copé dem Radiosender Europe-1. Wenn das Parlament zustimmt, könnte der Ausnahmezustand bis in den Februar andauern. Die Maßnahme könne aber früher beendet werden, wenn sich die Lage in den von Unruhen erschütterten sozialen Brennpunkten wieder beruhige, sagte Copé. Die am vergangenen Mittwoch in Kraft getretene Notstandsverordnung war zunächst auf zwölf Tage befristet und läuft daher am Sonntag aus.
Die Europäische Union will unter dem Eindruck der Krawalle in Frankreich 50 Millionen Euro für die sozialen Problemviertel des Landes bereitstellen. Dies sagte der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso in Paris. Auch längerfristig könnten mit "der Umschichtung ungenutzter Budgets" bis zu einer Milliarde Euro für die Entwicklung sozialer Randviertel französischer Großstädte zur Verfügung gestellt werden.
270 Auto brennen
Barroso traf am Sonntagabend mit dem französischen Premierminister Dominique de Villepin zusammen. In den Problemvierteln der französischen Städte herrschen hohe Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot, gleichzeitig wurden die Finanzmittel für viele Vorstadt-Vereine und Jugendeinrichtungen gestrichen.
Die Unruhen in Frankreich haben auch in der 18. Nacht in Folge angehalten. Allerdings war die Zahl der Gewalttaten weiter rückläufig. Landesweit gingen bis 4.00 Uhr 271 Autos in Flammen auf, wie das Innenministerium mitteilte. Die Sicherheitskräfte nahmen 112 Randalierer fest, fünf Polizisten wurden bei den Krawallen verletzt.
Hoffnung auf Normalisierung
Die meisten Zwischenfälle gab es in der Nacht zum Montag wiederum außerhalb des Großraums Paris. Im südfranzösischen Toulouse wurde eine Vorschule Ziel eines Anschlags. In Halluin in Nordfrankreich brannte eine Schule, in Faches Thumesnil eine Sporthalle. Die Feuerwehr musste im Département Nord mehrfach ausrücken, um brennende Fahrzeuge und Mülleimer zu löschen. Im Département Rhône steckten Randalierer gut 20 Autos in Brand, wie die dortigen Behörden mitteilten. Zwischenfälle wurde auch aus Straßburg gemeldet. In Grenoble erlitten zwei Polizisten Verletzungen, als eine Gaskartusche in einem brennenden Müllcontainer explodierte. Die Präfektur erklärte, es sei unklar, ob die Kartusche vorsätzlich deponiert wurde oder sich zufällig dort befand.
Bei den Krawallen, die seit über zwei Wochen andauern, sind bislang mehr als 8400 Autos in Brand gesteckt worden. Die verursachten Sachschäden erreichen nach Angaben von Versicherungen 240 Millionen Euro, davon allein 20 Millionen Euro für die zerstörten Fahrzeuge.
Bereits am Sonntag hatte die französische Polizei die Hoffnung geäußert, dass die Gewaltausbrüche in den Problemvierteln weiter abnehmen würden. "Die Lage dürfte sich bald normalisieren", sagte der oberste französische Polizeichef Michel Gaudin.