Außenministerin Zipi Livni sagte am Donnerstag nach Gesprächen in Ägypten, die Situation sei untragbar geworden. "Wir können keine Situation hinnehmen, in der Hamas weiterhin Israel und seine Bürger angreift. Diese Situation wird geändert."
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert richtete einen "Appell in letzter Minute" an die rund 1,5 Millionen Bewohner des Gaza-Streifens und forderte diese auf, mit der dort herrschenden Hamas zu brechen. Der unter starkem innenpolitischen Druck zum Handeln stehende Regierungschef wählte dazu ein Interview mit dem im Gaza-Streifen weithin gesehenen arabischen Fernsehsender "Al Arabija".
Die Menschen in dem Küstenstreifen könnten die Hamas stoppen, die im Widerspruch zum islamischen Geist Kinder in Israel töte und Kindergärten und Zivilisten mit Raketen angreife, sagte Olmert. "Dass die Hamas dies im Widerspruch zum Geist des Islam tut, ist der Hauptgrund für Ihr Leiden und das unsere", sagte Olmert an die Bürger des Gaza-Streifens gerichtet. "Ich fordere sie in einem Appell in letzter Minute auf: Stoppen Sie dies. Sie, die Bewohner des Gaza-Streifens, können das", sagte Olmert. Er kündigte an, ohne zögern die ganze Macht Israels einzusetzen, um die Hamas und die ebenfalls für Angriffe auf Israel verantwortliche radikal-islamistische Gruppe Islamischer Dschihad anzugreifen.
Eskalation im Süden Israels
Im Süden Israels waren allein seit dem Heiligen Abend rund 80 Raketen niedergegangen. Die im Gaza-Streifen abgefeuerten Geschosse treffen immer wieder die Kleinstadt Sderot und die grenznahen Dörfer. Dutzende Menschen mussten mit Schocks in Krankenhäuser eingeliefert werden. Zusätzlich war die Lage in den vergangenen Tagen mit Angriffen auch auf die israelische Küstenstadt Aschkelon eskaliert. Die mehr als 100.000 Einwohner zählende Stadt liegt rund 15 Kilometer nördlich des Küstenstreifens und kann damit nur mit weiterreichenden Raketen des Typs Grad angegriffen werden. Ihr Einsatz zieht gewöhnlich massive Gegenwehr Israels nach sich.
Die Politik in Israel steht kurz vor den Wahlen unter großem Handlungsdruck, den andauernden Angriffen ein Ende zu bereiten. Aus den Grenzregionen wird den Politikern im weit außerhalb der Raketen-Reichweite liegenden Jerusalem vorgeworfen, ihre Region bereits abgeschrieben zu haben und sie nicht ausreichend zu verteidigen. Im Vorfeld der für den 10. Februar vorgesehenen Wahlen hat sich die politische Debatte weiter verschärft. Diskutiert werden gezielte Militärschläge gegen die Hamas, aber auch eine erneute Besetzung des vor drei Jahren bedingungslos geräumten und an die Palästinenser zurückgegebenen Gaza-Streifens.
Davor hatte zuletzt eindringlich Verteidigungsminister Ehud Barak von der sozialdemokratischen Arbeitspartei gewarnt. Dies würde nicht ohne viele Opfer auf beiden Seiten möglich sein, hatte er argumentiert. Livni, die für die derzeit regierende Kadima-Partei als Spitzenkandidatin in die Wahl zieht, hat angekündigt, sie werde den Sturz der Hamas zu ihrer wichtigsten Aufgabe machen. Der Wahlfavorit, der Spitzenkandidat des rechten Likud, Benjamin Netanjahu, plädiert ebenfalls für ein hartes Vorgehen und tritt gegen eine Fortsetzung des Friedensprozesses in seiner jetzigen Form ein.
Die Situation war nach dem Auslaufen einer halbjährigen Waffenruhe in der vergangenen Woche eskaliert. Auch während der Waffenruhe hatte es allerdings permanente Attacken auf Israel gegeben, und die israelische Armee hatte wiederholt Kämpfer der Hamas und anderer Gruppen getötet. Ägypten, das die Waffenruhe vermittelt hatte, bemüht sich derzeit um eine Neuauflage.
Ari Rabinovitsch/Thomas Krumenacker/Reuters