Drei Tage nach dem Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat hat es am Sonntag einen ersten Hinweis für einen möglicherweise bevorstehenden blutigen Machtkampf unter den Palästinensern gegeben: Nach dem Eintreffen des neuen Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation, Mahmud Abbas, zu einer Trauerfeier in Gaza stürmten bewaffnete Männer in das Zelt und eröffneten aus ihren Sturmgewehren das Feuer. Nach Krankenhausangaben wurden zwei Wachleute getötet und sechs weitere Personen verwundet.
Abbas, der von Leibwächtern in Sicherheit gebracht wurde, spielte den Zwischenfall später herunter: "Als sich eine große Menge zum Kondolieren versammelte, wurden einige willkürliche Schüsse abgefeuert, aber nicht in meine Richtung", sagte er.
"Abbas und Dahlan sind Agenten der Amerikaner"
Auf Filmaufnahmen der Fernsehnachrichtenagentur APTN war zu sehen, wie rund 20 bewaffnete Männer das Trauerzelt betraten, in dem sich Abbas und der in Gaza einflussreiche Politiker Mohammed Dahlan mit anderen Spitzenfunktionären zum Gedenken an Arafat versammelten. Die Männer riefen "Abbas und Dahlan sind Agenten der Amerikaner"; danach waren Schüsse zu hören.
Bei einer Parade in Gaza präsentierten vermummte militante Männer eine Rakete, die nach ihren Angaben eine größere Reichweite als die bisher in Eigenbau gefertigten Typen hat und die israelische Stadt Aschkelon erreichen können soll. Die einer jubelnden Menge gezeigte Waffe wurde nach Arafat benannt; sie trug die Bezeichnung "Jassir-1".
Palästinenser sollen im Januar einen neuen Präsidenten wählen
Vor dem Zwischenfall in Gaza hatte die um eine schnelle politische Neuordnung bemühte palästinensische Führung die Präsidentenwahl für den 9. Januar anberaumt. Alle technischen Vorbereitungen wie die Registrierung der Wähler seien bereits abgeschlossen, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Wahlausschusses, Ammar Dweik. Die palästinensischen Politiker haben die internationale Gemeinschaft gebeten, auf Israel einzuwirken, damit der Ablauf der Wahl nicht durch Straßensperren oder andere Einschränkungen behindert wird.
Für Aufsehen sorgte am Wochenende die Ankündigung des in Israel inhaftierten Politikers Marwan Barghuti, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Die israelische Regierung hat jedoch seine Freilassung abgelehnt. Barghuti wurde in Israel wegen Beteiligung an mehreren Anschlägen zu mehrmals lebenslanger Haft verurteilt. Die Führung der Fatah wie ihrer Dachorganisation PLO favorisiert bislang den früheren Ministerpräsidenten und neuen PLO-Chef Abbas als Arafat-Nachfolger.