Ein Triumphzug militanter Palästinenser mit Teilen zerfetzter Leichen einer israelischen Panzerbesatzung hat Israel schockiert. Grausige Szenen, die auch im Fernsehen ausgestrahlt wurden, polarisierten Befürworter und Gegner des heftig umstrittenen Abzugs aus dem Gazastreifen am Mittwoch noch mehr.
Im Häusergewirr von Gaza-Stadt suchten israelische Soldaten einen Tag nach der Zerstörung eines Transportpanzers weiter nach den sterblichen Überresten der sechs Soldaten. Die jungen Männer waren auf dem Rückweg von einem Einsatz zur Zerstörung von palästinensischen Waffenfabriken, als ihr mit 100 Kilogramm Sprengstoff beladenes Fahrzeug im Stadtteil Saytun auf eine improvisierte Mine geriet. Damit nahm die Militäroperation "Stählerne Reiter" eine dramatische Wende.
Körperteile für den Gefangenenaustausch
Die Explosion zerriss den Panzerwagen. Trümmer fanden sich im Umkreis von Hunderten Metern, auch auf Dächern und Balkonen des dicht besiedelten Viertels. Militante Palästinenser, die sich auch am Mittwoch wieder Feuergefechte mit der Armee lieferten, verschleppten Körperteile wie Trophäen eines Sieges und erklärten, sie wollten diese gegen gefangene Palästinenser austauschen.
Der Versuch, abgetrennte Gliedmaßen in politisches Kapital zu verwandeln, empört Israel. Außenminister Silwan Schalom forderte bei einer Krisensitzung ohne Erfolg eine Abschiebung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Finanzminister Benjamin Netanjahu will dem Gazastreifen Strom und Wasser abdrehen, bis die Leichen überstellt sind. "Wir werden den Verantwortlichen keine Vergebung gewähren", drohte Generalstabschef Mosche Jaalon.
Diskussion um die Zukunft des Gazastreifens
"Was wie Libanon aussieht, wie Libanon riecht, wie Libanon geht und wie Libanon blutet, ist Libanon", kommentierte die Zeitung "Maariv". Wie 1997, als eine israelische Spezialeinheit bei einem Einsatz an der libanesischen Küste aufgerieben wurde, heizt auch die Sprengung des Panzers und die Schändung von Leichen Diskussion um die Zukunft des Gazastreifens an, in dem nur etwa 7500 jüdische Siedler inmitten von 1,4 Millionen Palästinenser leben.
Der Bau der Siedlungen dort sei ein "historischer Fehler", hat der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas erst am Wochenende erklärt. Doch auch die Front der Ablehnung steht. Hardliner und Vertreter der Siedlerorganisationen werfen Scharon vor, er mache Eingeständnisse an Terroristen. Beide politischen Blöcke sehen sich angesichts der Eskalation im Gazastreifen in ihrer Haltung bestärkt.
Überlegungen über einen Abzug
"Mit Kannibalen muss man die Sprache des Blutes sprechen. Es gibt keinen anderen Weg. Von jetzt an wird aus dem Bauch entschieden", forderte ein Kommentator der israelischen Zeitung "Jedioth Achronoth" am Mittwoch. Doch auch dem Ruf nach Strafe für den Feind folgt die Überlegung, einen Abzug, wenn er denn nötig ist, nicht zu lange zu verschieben.