GEISELNAHME Putin droht mit massiver Vergeltung

Der russische Präsident Wladimir Putin hat ein massives Vorgehen gegen den Terrorismus angedroht. Russland werde terroristische Bedrohungen mit Massenvernichtungswaffen mit gleichen Mitteln zurückschlagen.

Am Tag der Staatstrauer in Russland um die Opfer des Geiseldramas von Moskau hat Präsident Wladimir Putin ein massives Vorgehen gegen den Terrorismus angedroht. Russland werde terroristische Bedrohungen mit Massenvernichtungswaffen mit gleichen Mitteln zurückschlagen, sagte Putin auf einer Sitzung der Regierung.

Die Öffentlichkeit rätselte unterdessen weiter über das unbekannte Gas, das bei einem Sturmangriff der Polizei am Samstag den Tod von 115 der 117 umgekommenen Geiseln verursacht hatte. Gläubige aller Religionen gedachten in Gottesdiensten und Trauerfeiern der Opfer des Überfalls tschetschenischer Terroristen auf ein Musical-Theater in Moskau. Vor dem Theater legten Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an.

Dänemark »Helfershelfer von Terroristen«

Scharfe Kritik übte Russland an einem in Kopenhagen eröffneten »Weltkongress der Tschetschenen«. Moskau warf der dänischen Regierung vor, sich zu Helfershelfern von Terroristen zu machen.

Am Montagmittag standen noch etwa 400 der etwa 700 befreiten Geiseln in Krankenhäusern unter ärztlicher Aufsicht, wie Vizeregierungschefin Walentina Matwijenko sagte. 45 Opfer schwebten noch immer in Lebensgefahr. Sie litten an den Folgen des Einsatzes des nicht genau identifizierten Gases. 115 Geiseln waren an dem Gas gestorben. Die Zahl der Toten stieg seit Sonntag nicht weiter. »In der vergangenen Nacht haben wir kein Leben verloren«, sagte Matwijenko.

Geld für die Angehörigen

Angehörige drängten sich weiter vor Kliniken der russischen Hauptstadt und warteten auf die Entlassung der ehemaligen Geiseln. 30 bis 40 Familien von Entführungsopfern hätten noch keinerlei Nachricht vom Schicksal ihrer Verwandten erhalten, meldete die Agentur Interfax. Die amerikanische Botschaft in Moskau suchte immer noch nach vier vermissten US-Bürgern oder Ausländern mit Aufenthaltserlaubnis in den USA. Die Stadt Moskau kündigte Hilfszahlungen an die Familien von 100 000 Rubel (3225 Euro) für eine getötete Geisel, 50 000 Rubel für eine verletzte Geisel an.

In der von Russland abtrünnigen Teilrepublik Tschetschenien tötete die Armee nach eigenen Angaben in der abgelaufenen Woche 32 Rebellen. Die russische Führung hatte nach dem Ende des Geiseldramas am Samstag angekündigt, in ganz Tschetschenien nach Komplizen der Kidnapper von Moskau zu suchen. 50 Tschetschenen, die seit dem vergangenen Mittwoch etwa 900 Menschen als Geiseln gehalten hatten, waren bei dem Zugriff von Spezialeinheiten am Samstag getötet worden.

»Keinerlei Abkommen mit Terroristen«

»Der internationale Terrorismus wird immer dreister«, sagte Putin. »Russland wird sich auf keinerlei Abkommen mit Terroristen einlassen und wird sich keiner Erpressung beugen.« Sollte Russland mit Massenvernichtungswaffen bedroht werden, werde es »mit gleichen Mitteln antworten an allen Orten, an denen sich Terroristen, ihre Organisationen, ihre ideellen oder finanziellen Drahtzieher befinden«, sagte er in einem Fernsehbericht. Entsprechend werde er die Streitkräfte anweisen.

Den beiden befreiten Geiseln aus Deutschland, die in München behandelt wurden, gehe es wieder sehr gut, sagte der Toxikologe Thomas Zilker. Bei der gewaltsamen Befreiung seien keine Nervenkampfstoffe eingesetzt worden, sondern wahrscheinlich ein Narkosegas in Form chlorierter Kohlenwasserstoffe, sagte Zilker. Es handele sich nicht um Chloroform, sondern offenbar um eine ganz ähnliche Substanz.

Zu viel Gas im Gebäude?

Das Problem bei solchen Narkosegasen sei, dass sie zum Tode führen könnten. Dies könne über eine Atemlähmung geschehen oder weil Erbrochenes in die Atemwege gelange und so zum Erstickungstod führe. In Moskau sei eine denkbare Möglichkeit auch, dass so viel Gas in das Gebäude gepumpt worden sei, dass der Sauerstoff dadurch zu knapp wurde, erklärte der Giftexperte.