US-Präsident George W. Bush erwägt eine personelle Vergrößerung der Streitkräfte. Angesichts der Herausforderungen beim Kampf gegen den Terror sei er "geneigt zu glauben, dass wir unsere Truppenstärke ausbauen müssen - das Heer und die Marineinfanterie", sagte Bush in einem Interview der "Washington Post", das die Zeitung auf ihrer Webseite veröffentlichte. Die Vereinigten Staaten müssten besser auf einen "langen Krieg" gegen den Terrorismus vorbereitet sein, sagte Bush. Zahlen nannte er jedoch nicht.
Er habe den neuen Verteidigungsminister Robert Gates beauftragt, zu prüfen, wie die Vergrößerung am besten umzusetzen sei, sagte der Präsident der Zeitung weiter. Er werde keine Entscheidung treffen, bevor Gates nicht den Irak besucht und mit US-Kommandeuren gesprochen habe.
1,2 Milliarden Dollar pro 10.000 Mann
Die Mannstärke der US Army (Heer) ist dem Bericht zufolge seit 2001 bereits von 482.000 auf heute 507.000 erhöht worden und soll noch weiter auf 512.000 Mann steigen. Diese Aufstockung sei jedoch nur vorläufig. Angesichts der Einsätze im Irak und Afghanistan fordere die Militärführung, diese zusätzlichen 30.000 Soldaten dauerhaft zu übernehmen und jährlich um weitere 7000 Mann aufzustocken, berichtet die Zeitung weiter. Dabei werde von jährlichen Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar (rund 907 Millionen Euro) pro 10.000 zusätzliche Soldaten ausgegangen.
Am Wochenende hatte die "New York Times" berichtet, dass Bush angesichts der sich weiter verschärfenden Sicherheitslage im Irak die Entsendung von mehr als 20.000 zusätzlichen US-Soldaten erwäge. Demnach untersuchen die US-Stabschefs im Auftrag des Weißen Hauses Möglichkeiten, wie eine solche Truppenverstärkung verwirklicht werden könnte, berichtete die Zeitung unter Berufung auf hohe US- Regierungsbeamte.
"Die Krücke für die Iraker"
Die so genannte Baker-Kommission des US-Kongresses hatte vor kurzem dagegen unter anderem eine stärkere Übertragung der Verantwortung für die Sicherheit auf die irakischen Truppen und den Abzug der US-Kampftruppen bis zum Frühjahr 2008 empfohlen. Auch hohe Generäle und Politiker haben in jüngster Zeit Bedenken gegen weitere Truppenverlegungen in den Irak geltend gemacht. Dies werde weitgehend ineffektiv sein, wenn diese Truppenverstärkung nicht von neuen politischen und wirtschaftlichen Schritten begleitet werde, warnen sie.
Der demokratische Senator Edward Kennedy sprach sich unterdessen gegen jede weitere Truppenverlegungen in den Irak aus. "Anstatt die Dinge besser zu machen, wird der Plan des Präsidenten, mehr Soldaten in den Irak zu schicken, die Sache dort nur noch schlimmer machen, so wie es auch viele Generäle sehen", sagte Kennedy. Vielmehr müsse es eine politische Lösung geben, die die verfeindeten Parteien zusammenbringe und bewirke, dass die Iraker die Zukunft in die eigene Hand nähmen. Der frühere Außenminister Colin Powell und der Befehlshaber der US-Streitkräfte im Irak, General John Abizaid, stimmten darin überein, dass neue Truppen diesen Prozess nur verzögern würden, sagte Kennedy und fügte hinzu: "Derzeit sind wir eine Krücke für die Iraker, und unsere Soldaten bezahlen den Preis dafür."
Bush spricht erstmals nicht mehr von Sieg im Irak
Außerdem sprach Bush in demselben Interview erstmals nicht mehr von einem Sieg im Irak-Krieg. Auf eine Frage, ob der Krieg im Irak gewonnen werde, ausweichend und zitierte dabei Generalstabschef John Pace: "Wir siegen nicht, und wir verlieren nicht". Bislang hatte Bush stets von einem Sieg der USA im Irak gesprochen. In dem Krieg sind seit März 2003 fast 3.000 amerikanische Soldaten getötet worden. Bush verwies in dem Interview auf Erfolge bei der Demokratisierung des Landes, räumte aber ein, dass die sektiererische Gewalt eine Gefahr darstelle. Er kündigte einen Plan an, der dabei helfen werde, die Iraker für ihre eigene Sicherheit sorgen zu lassen.