Nach Moskau-Reise "Widerlich, wenn ehemalige Führer mit europäischen Werten für Russland arbeiten": Selenskyj nimmt sich Gerhard Schröder vor

Selenskyj kritisiert Gerhard Schröder
Wolodymyr Selenskyj äußert scharfe Kritik an Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder
© Ukrainian Presidential Press Off / Planet Pix via ZUMA Press Wire / DPA
Für seinen Besuch in Moskau erntet Ex-Kanzler Gerhard Schröder Kritik vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selelnskyj. Der hat wenig Verständnis für Schröders enges Verhältnis zu Putin – und wirft Russland vor, nicht an Verhandlungen interessiert zu sein.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selelnskyj hat die Aussagen von Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder in seiner täglichen Videoansprache kritisiert. Ohne Schröder beim Namen zu nennen, sagte Selelnskyj: "Es ist einfach widerlich, wenn ehemalige Führer mächtiger Staaten mit europäischen Werten für Russland arbeiten, das gegen diese Werte kämpft." Schröder hatte Russland nach seiner Moskau-Reise in einem Interview mit dem stern als verhandlungsbereit dargestellt. Der ukrainische Präsident bezweifelt das. Russland gaukle seine Verhandlungsbereitschaft nur vor. Wäre Russland wirklich an einer friedlichen Lösung des Konflikts interessiert, zöge es nun nicht weitere Reserven im Süden der Ukraine zusammen, so Selenskyj.

Ähnlich kritisch bewertet der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba Schröders Aussagen. "Es gibt nichts Zynischeres als die Behauptungen der Putin-Anhänger darüber, dass Russland bereit ist zu Verhandlungen", schrieb er am Mittwoch auf seinem Twitter-Kanal. Die täglichen Beschüsse ukrainischen Territoriums sagten etwas anderes aus, meinte er.

Der ukrainische Chefdiplomat verwies auf starken Artilleriebeschuss sowie Raketenangriffe gegen Zivilobjekte. Zudem beschuldigte er das russische Militär einmal mehr schwerer Kriegsverbrechen. "Russland bleibt auf den Krieg konzentriert – alles andere ist eine Nebelwolke", fügte Kuleba hinzu.

In die gleiche Kerbe schlug auch der scheidende ukrainische Botschafter Andrij Melnyk: Er sehe kein Anzeichen dafür, dass Putin bereit sei zu verhandeln, sagte er im ZDF. "Das erste Zeichen wäre, wenn Putin zumindest jetzt aufhört, auf Zivilisten zu schießen und Städte zu bombardieren. Das wäre eine bessere Botschaft als das, was wir jetzt von Herrn Schröder gehört haben."

Kiew: Globale Sicherheit unzureichend

Gleichzeitig kritisierte Selenskyj die globale Sicherheitsarchitektur. Diese sei unzureichend. Derzeit gebe es Schlagzeilen über Konflikte auf dem Balkan, um Taiwan und den Kaukasus, die ein Faktor eine: "Die globale Sicherheitsarchitektur hat nicht funktioniert", sagte Selenskyj.

Einmal mehr warf Selenskyj Russland vor, mit seinem Angriffskrieg gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Das Problem sei, dass die Welt Russland diese Verstöße – sei es die Annexion der Krim oder der Abschuss einer Boeing über dem Donbass – lange habe durchgehen lassen. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie fragil die Freiheit sei. Sie könne "nur durch kollektives Handeln geschützt werden, und damit dies dauerhaft funktioniert, bedarf es einer wirksamen globalen Sicherheitsarchitektur, die dafür sorgt, dass kein Staat jemals wieder Terror gegen einen anderen Staat einsetzen kann", forderte Selenskyj.

DPA
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