Einen Tag vor seiner Tat schrieb der palästinensische Attentäter auf Facebook: "Die Intifida hat bereits begonnen." Samstagnacht dann stach er in der Altstadt von Jerusalem einen Vater nieder, einen Soldaten, der mit seiner Familie auf dem Weg zum Gebet an der Klagemauer war. Der Palästinenser stahl dem Schwerverletzten die Pistole und schoss auf eine Gruppe Touristen. Ein Armee-Rabbi eilte herbei, aber der Palästinenser überwältigte und tötete ihn. Erst die Polizei erschoss den Angreifer. Als der Polizeipräsident an den Tatort kam, sagte er: "Dies ist Teil des Lebens in der Altstadt."
Die Jerusalemer Altstadt, aufgeteilt zwischen Christen, Juden und Muslimen, ist heiliger Ort aller drei Religionen. Einer der drei wichtigsten Orte des Islam. Und einer der wenigen Orte in Israel, wo sich Israelis und Palästinenser mischen. Ansonsten leben sie separat, getrennt von Zäunen und Mauern; der Hass aufeinander soll sich nicht entladen können. Im Westjordanland fahren die jüdischen Siedler auf anderen Straßen, das Land ist durchzogen von Kontrollposten und Wachtürmen.
"Price tag attacks"
Das verhindert Schlimmeres, aber es lindert nicht die Feindschaft. Palästinenser suchen andere Wege, wie sie Juden angreifen können. In Jerusalem fahren sie mit dem Auto mit Vollgas in eine Menschenmenge. Im Westjordanland warten sie an den Straßen der Israelis und beschießen die Insassen. Gerade letzte Woche starben bei so einer Attacke eine Mutter und ein Vater, ihre Kinder auf der Rückbank überlebten.
Rechte Israelis rächen sich mit sogenannten "Price tag attacks", einzelnen Angriffen, mit denen Palästinenser "den Preis bezahlen" sollen. In der Nacht nach dem Angriff auf das jüdische Auto attackierten Israelis mit Steinen ein palästinensisches Auto, ein weiteres setzten sie in Brand.
Punktuelle Angriffe, kleine Opferzahlen
Ist das bereits eine Intifada? Der Aufstand der Palästinenser? Eher seit Monaten und Jahren der Alltag in Jerusalem und dem Westjordanland. Der Alltag, der es kaum noch in die Nachrichten schafft, weil die Angriffe so punktuell, die Opferzahlen klein sind. Letztlich aber treiben sie die Politik vor sich her, auf beiden Seiten. Die radikale Hamas jubelt ihnen zu und wird im Westjordanland beliebter - bislang regiert sie nur den Gazastreifen. In Israel bestimmen rechte Politiker den Ton und stellen die Sicherheit über alles, was bedeutet: noch mehr Zäune, mehr Kontrollen, mehr Razzien. Und kein Friedensprozess.
Es sind die kleinen Tragödien, die sich ständig wiederholen, die dem Hass immer wieder einen Grund geben, diesen Konflikt nicht zu Ende gehen lassen. Und ihn jederzeit wieder eskalieren lassen können.