Der angeschlagene britische Premierminister Gordon Brown steht vor einem alles entscheidenden Parteitag. Die fünftägige Parteiversammlung, die an diesem Samstag in Manchester beginnt, gilt als richtungweisend für die Zukunft des Regierungschefs. Brown ist seit Monaten im Umfragetief und wird selbst von Parteikollegen immer wieder infrage gestellt. In einer Umfrage lag die Labour-Partei zuletzt 28 Prozentpunkte hinter den oppositionellen Konservativen. Das Chaos in der Partei und Spekulationen über einen Sturz Browns lähmen die Politik seit Wochen. Selten wurde deshalb ein Parteitag mit solcher Spannung erwartet.
Brown wird voraussichtlich am Dienstag seine Rede halten, mit der er auch seine rebellierende Partei wieder hinter sich bringen will. Am Freitag betonte Brown erneut, sich nicht von Rebellen aus dem Amt drängen zu lassen. "Wir können durch die schwierigen Zeiten kommen", sagte er in einem Interview des Senders Sky News. "Ich werde mich nicht von ein paar Menschen ablenken lassen, die sich beschweren", sagte er, "ich werde mich auf die Regierungsgeschäfte konzentrieren." In der Vorwoche hatte ein gutes Dutzend Labour-Abgeordneter eine Abstimmung über den Premierminister gefordert, einige Regierungsbeamte waren zurückgetreten oder wurden entlassen.
Mehrheit der Labour-Anhänger will seinen Rücktritt
Weitere schlechte Nachrichten musste Brown auch verkraften, als eine Umfrage der Zeitung "Independent" unter Labour-Anhängern ergab, dass die Mehrheit seinen Rücktritt will. Das Ansehen des Premiers war demnach niedriger als das fast aller Kabinettskollegen. Der 57-jährige Schotte hatte das Amt in der Downing Street im Juni 2007 von Tony Blair übernommen. Zuvor hatte er als Finanzminister zehn Jahre auf den Posten hingearbeitet. "Man geht durch Phasen. Manchmal ist man beliebt, manchmal ärgern sich die Leute über Entscheidungen, die du gemacht hast", sagte Brown, "das hat man immer." Bisher hat sich noch kein ranghohes Kabinettsmitglied offen gegen den Premier ausgesprochen. Dies gilt jedoch als Voraussetzung dafür, dass er gestürzt werden kann. Als Favorit für eine Nachfolge wird vor allem Außenminister David Miliband gehandelt. Als möglicher Kandidat gilt auch Justizminister Jack Straw. Parlamentswahlen müssen im Vereinigten Königreich bis spätestens 2010 ausgerufen werden. Die Krise der Labour-Partei kommt zu einer Zeit, in der Großbritannien mit immensen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat.