Die Bundesregierung will den verbalen Angriff des radikal-islamischen Hisbollah-Führers im Libanon, Scheich Hassan Nasrallah, auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht kommentieren. Er werde dazu nicht Stellung nehmen, sagte ein Sprecher der Regierung am Samstag in Berlin auf dpa-Anfrage. Der Verteidigungsexperte der SPD- Fraktion im Bundestag, Rainer Arnold, erklärte, diese Attacke gegen Merkel bestätige die Gefahr des Libanon-Einsatzes der Bundeswehr.
"Wir haben noch mehr Raketen"
Nasrallah hatte bei einer Großkundgebung in Beirut vor hunderttausenden jubelnden Anhängern gegen die Äußerung Merkels Front gemacht, die deutsche Marine diene im Libanon-Einsatz der Sicherheit Israels. "Sie (Merkel) sagt, ihr Ziel sei es, Israel zu schützen. Aber ich sage ihr, selbst wenn sie die See, den Luftraum und das Land überwachen, unsere Bewegung wird dadurch nicht geschwächt", drohte er. An die Israelis gewandt, die angegeben hatten, den Großteil der weiterreichenden Raketen der Hisbollah zerstört zu haben, sagte er: "Ich kann ihnen versichern, dass wir unsere militärische Infrastruktur erneuert und jetzt mehr als 20.000 Raketen haben."
Das israelische Außenministerium verurteilte Nasrallahs ersten öffentlichen Auftritt nach seinem Abtauchen während der Kämpfe mit Israel vor gut zwei Monaten scharf. Mit seiner bekundeten Weigerung, seine Miliz entwaffnen zu lassen, habe Nasrallah nicht nur die libanesische Regierung herausgefordert, sondern die gesamte internationale Gemeinschaft, zitierte die Zeitung "Haaretz" den Sprecher des Außenministeriums, Mark Regev.
"Die Gefahr ist real"
Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) forderte in der "Welt am Sonntag" von der libanesischen Regierung ein "klares Signal, dass sie gewillt ist, die UN-Resolution 1701 umzusetzen". Libanons Regierungschef Fouad Siniora wird an diesem Donnerstag in Berlin erwartet. Arnold sagte dem Blatt: "Wir haben immer gesagt, dass die Gefahr terroristischer Anschläge real ist." Die deutschen Schiffe seien aber auf diese Gefahr vorbereitet.
Marine-Inspekteur Wolfgang Nolting sieht die größte Gefahr für die Bundeswehrsoldaten durch Sprengstoff-Anschläge auf See. "Den Raketenangriff von der Küste aus halte ich für den unwahrscheinlichsten Fall", sagte der Vizeadmiral dem Magazin "Focus". "Rechnen müssen die Soldaten mit einem Fischerboot, dessen Besatzung freundlich winkt, das aber ein schwimmender Sprengsatz ist."
Am Donnerstag waren acht Kriegsschiffe der Marine mit insgesamt 1000 Mann an Bord zum ersten Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten seit dem Zweiten Weltkrieg aufgebrochen. Die Deutschen sollen als Teil der UN-Friedenstruppe UNIFIL das Seegebiet vor der libanesischen Küste überwachen und Waffenlieferungen an die Hisbollah verhindern.