US-Präsident George W. Bush hat am Samstag betont, dass die US-Streitkräfte im Irak bleiben, bis das Land sich selbst verteidigen kann. Am Vortag hatte Außenminister Colin Powell gesagt, die Truppen würden abgezogen, wenn die Übergangsregierung, die am 1. Juli die Regierungsverantwortung übernehmen soll, dies verlange. "Die entscheidende Aufgabe unseres Militärs, die Sicherheit (im Irak) zu gewährleisten, wird am 1. Juli und danach weitergehen", sagte Bush in seiner wöchentlichen Radioansprache. "Unsere Truppen bleiben im Irak, um dem irakischen Volk zu helfen und bis die Iraker ihr Land selbst sichern können." Etwaige Wünsche der künftigen irakischen Übergangsregierung sprach Bush nicht an.
Powell sprach erstmals von Rückzug
Powell hatte am Vortag gesagt, dass die Koalitionskräfte abgezogen würden, falls die künftige irakische Übergangsregierung dies nach dem 1. Juli verlangt. Allerdings rechne er nicht damit. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Übergangsregierung uns willkommen heißt", sagte Powell. Die Außenminister Großbritanniens, Italiens und Japans, die auch Truppen im Irak haben, pflichteten Powell bei. Auch Australien würde seine 850 Soldaten nach Angaben der Regierung in Canberra auf Verlangen abziehen. Ein Sprecher von Außenminister Alexander Downer am Samstag, er erwarte eine solche Aufforderung nicht.
Am 30. Juni soll die Besatzung formal enden, die US-geführte Besatzungsverwaltung CPA aufgelöst und die Macht auf eine irakische Übergangsregierung übertragen werden. Rund 130 000 US-Soldaten und etwa 8000 britische Militärs sollen aber unabhängig davon weiter in dem von bewaffneten Aufständen erschütterten Land bleiben.
Befugnisse der Übergangsregierung unklar
Über die genauen Befugnisse der irakischen Übergangsregierung, die am 1. Juli die Amtsgeschäfte übernehmen soll, herrscht weiter Unklarheit. Der französische Außenminister Michel Barnier mahnte in Washington, dass die Regierung echte Autorität besitzen müsse, um das Land regieren zu können. Über eine UN-Resolution, die die Aufgaben und Befugnisse klären soll, wird noch verhandelt. Nach den Plänen soll die Übergangsregierung Wahlen bis Ende Januar 2005 vorbereiten. Das dann gewählte Parlament soll im Laufe des Jahres 2005 eine Verfassung ausarbeiten und durch ein Referendum bestätigen lassen.
Die Hiobsbotschaften aus dem Irak setzen der Regierung Bush im eigenen Land immer stärker zu. Zum zweiten Mal in dieser Woche zeigt eine Umfrage, dass die Unterstützung für den Krieg und Bush selbst rapide sinkt. Nach der jüngsten Meinungsumfrage, die der Sender CNN und die Zeitschrift "Time" am Freitag veröffentlichten, profitiert der demokratische Präsidentschaftsbewerber John Kerry von der Stimmung. 51 Prozent der Wähler sprachen sich für Kerry aus, 46 für Bush.
Weiter Gefechte im Irak
Nördlich der Hafenstadt Basra töteten britische Soldaten 16 irakische Aufständische. Wie das Verteidigungsministerium in London am Samstag mitteilte, wurden bei den Feuergefechten zwei Briten verletzt. Den Angaben zufolge war eine britische Patrouille in der südirakischen Provinz Maysan in einen Hinterhalt der Aufständischen geraten, die auch Panzerfäuste bei sich hatten. Bei einem Mörserangriff auf eine von vielen Menschen besuchte Rekrutierungsstelle der neuen irakischen Streitkräfte in Mosul wurden nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders El Dschasira am Samstag mindestens vier Menschen getötet und 15 weitere verletzt.
Das US-Militärkommando in Bagdad teilte am Samstag mit, dass am Vortag drei amerikanische Soldaten den schweren Verletzungen erlagen, die sie bei Angriffen von Aufständischen im Umland von Bagdad erlitten hatten.