Irak-Debatte Kaum Einigkeit im Weltsicherheitsrat

Der Weltsicherheitsrat will das Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" noch einmal um kurze Zeit verlängern. Über das weitere Vorgehen herrscht jedoch weiterhin Uneinigkeit.

Der Weltsicherheitsrat will das Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" noch einmal um kurze Zeit verlängern, weil bisher nur ein Bruchteil der geplanten humanitären Hilfe den Irak erreicht hat. Auf Dauer aber habe das an die UN-Sanktionen geknüpfte Programm zur Versorgung der irakischen Bevölkerung aus Ölexporten keine Zukunft. Das stellte der Präsident des Sicherheitsrats, Adolfo Aguilar Zinser, nach Beratungen mit dem Direktor des Irak-Programms bei den Vereinten Nationen, Benon Sevan, fest.

Aussetzung oder Aufhebung?

Frankreich, dass den US-Angriff auf Irak vehement abgelehnt hatte, kam den USA überraschend entgegen und schlug die sofortige Aussetzung der Wirtschaftssanktionen vor. Den USA geht dies aber noch nicht weit genug, sie fordern die völlige Aufhebung der Zwangsmaßnahmen. Die USA fordern die Aufhebung der Sanktionen mit der Begründung, dass sich die Lage im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein dramatisch verändert habe. Frankreich bemühte sich am Dienstag, Brücken zu bauen, und riet zu einer "Aussetzung" der Sanktionen, bis die Auflagen aller entsprechenden UN-Resolutionen erfüllt seien. Deutschlands UN-Botschafter, Gunter Pleuger, sagte, dass die Zukunft von "Öl für Lebensmittel" im Zusammenhang mit den Sanktionen und der Abrüstung des Iraks entschieden werden müsse.

60 Prozent der Irakis von "Öl für Lebensmittel" abhängig

Sevan warnte sichtlich erregt davor, das humanitäre Programm zu schnell zu streichen. Mehr als 60 Prozent der irakischen Bevölkerung hätten bisher nur eine einzige Nahrungsquelle gehabt, die Zuteilungen aus dem Programm "Öl für Lebensmittel". Diese Verbindung könne nicht einfach "wie eine Nabelschnur" durchtrennt werden, sondern müsse langsam und vorsichtig durch andere Maßnahmen ersetzt werden, erklärte Sevan.

Schon die geplante Verlängerung um 21 Tage gebe den Vereinten Nationen die Chance, "Welten zu bewegen". Der Sicherheitsrat hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan und Sevan nach Kriegsbeginn damit beauftragt, die Bevölkerung mit dem Erlös aus dem von den UN regulierten Ölverkauf zu versorgen.

Doch von den verfügbaren 14 Milliarden Dollar (12,7 Milliarden Euro) werden der irakischen Bevölkerung laut Sevan im gesetzten Zeitraum von 45 Tagen nur 456,6 Millionen Dollar in Form von Lebensmitteln, Medikamenten und von Elektrizität zukommen können. Mit der Verlängerung bis zum 3. Juni könne sich diese Summe um weitere 130 Millionen auf knapp 600 Millionen Dollar erhöhen, sagte der Programm-Direktor vor Journalisten.

Anlaufprobleme

Sevan macht technische Anlaufprobleme und die politische Debatte um Zuständigkeiten im Irak für die schleppende Umsetzung des Mandats verantwortlich. "Öl für Lebensmittel" war 1995 ins Leben gerufen worden, um die Auswirkungen der UN-Sanktionen für die Not leidenden Iraker zu mildern.

Der französische UN-Botschafter Jean-Marc de La Sablière gab zu, dass der Sicherheitsrat noch keine Vorstellung davon hat, wer nach dem Ende des Programms für den Export des irakischen Öls und die Versorgung der Bevölkerung verantwortlich zeichnen wird. Die USA dringen auf das Ende der Sanktionen und des Hilfsprogramms, damit das irakische Öl frei auf dem Weltmarkt verkauft und der Erlös zum Wiederaufbau des Landes eingesetzt werden kann.

Russland hält an UN-Inspekteuren fest

Russland und Deutschland, die wie Frankreich gegen den Irak-Krieg waren, gingen auf den Vorschlag zunächst nicht ein, sondern sprachen sich für die Rückkehr der UN-Waffeninspekteure nach Irak aus, die die Entwaffnung Iraks bestätigen sollen, damit die Sanktionen aufgehoben werden können. Der russische UN-Botschafter Sergej Lawrow erklärte, seine Regierung sei keineswegs gegen eine Aufhebung der Sanktionen und zu Gesprächen über den französischen Vorschlag bereit. Allerdings halte Russland an der Voraussetzung für die Aufhebung der Sanktionen fest - so müssten UN-Inspekteure bestätigen, dass es keine Massenvernichtungswaffen in Irak gebe. Der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger sagte, Deutschland sei an einer unabhängigen Bestätigung durch die UN-Inspekteure interessiert, was auch der Glaubwürdigkeit der Ergebnisse zugute komme. UN-Inspekteure und US-Experten könnten sich in ihrer Arbeit ergänzen.

Der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte machte aber deutlich, dass die USA keinen Sinn in einer schnellen Rückkehr der UN-Inspekteure sehen. Die Suche nach irakischen Massenvernichtungswaffen und die Durchsetzung der UN-Beschlüsse hätten jetzt Spezialisten der Kriegsverbündeten übernommen, erklärte Negroponte. US-Präsident George W. Bush hat sich schon bald nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen in Belgrad für die rasche Aufhebung der Irak-Sanktionen ausgesprochen.

Der UN-Chefinspekteur für Irak, Hans Blix, forderte im Sicherheitsrat, dass die Rüstungsexperten seines Teams ungehinderten Zugang zu allen Orten in Irak erhalten sollten.