Mit der größten Verlegung von Bodentruppen an den Persischen Golf seit dem Irakkrieg von 1991 setzen die USA ihren Aufmarsch in der Region fort. Nach US- Medienberichten vom Mittwoch wurde die auf einen Wüstenkrieg spezialisierte 3. Infantrie-Division in Alarmbereitschaft für eine Entsendung in die Golfregion versetzt. Mit der Verlegung der etwa 15 000 Soldaten werde in den kommenden Tagen begonnen, hieß es. US- Präsident George W. Bush warf Bagdad unterdessen erneut vor, sein Waffenarsenal nicht offen gelegt zu haben. Der Weltsicherheitsrat verschärfte die Sanktionen gegen den Irak.
US-Flotte läuft in den Golf
Nach Informationen der «New York Times» erhielt auch der Flugzeugträgerverband «Abraham Lincoln» den Befehl, sich für Operationen in der Golfregion bereit zu halten. Bereits Ende Dezember war bekannt geworden, dass der Flugzeugträger «USS George Washington» kurz nach Neujahr Richtung Persischen Golf auslaufen soll. Ein zweiter Verband komme aus dem Pazifik. Zudem bereite die Marine eines ihrer beiden riesigen Lazarettschiffe für einen Einsatz vor. Nach Berechnungen der «New York Times» könnten bereits in wenigen Wochen über 100 000 US-Soldaten in der Region stationiert sein.
US-Präsident Bush verschärfte unterdessen seinen Ton gegenüber dem Irak. Er warf dem irakischen Machthaber Saddam Hussein vor, nur unbefriedigende Angaben über seine Massenvernichtungswaffen gemacht zu haben. Zugleich warnte der Präsident, die US-Wirtschaft könnte durch einen Angriff des Irak schwer getroffen werden. Seine Aufgabe sei es deshalb, das amerikanische Volk zu schützen.
UN-Sanktionen verschärft
Auf Antrag der USA und Großbritanniens hatte der Weltsicherheitsrat am Montagabend die Sanktionen gegen den Irak verschärft. Die neuen Einfuhrbeschränkungen gelten für eine Reihe von Waren, die auch für militärische Zwecke verwendet werden könnten, unter anderem für Viren, Flugsimulatoren, Kommunikationsgeräte und Schnellboote sowie das Herzmittel Atropin (außer in kleinen Mengen), das ein Gegenmittel beim Einsatz von Nervengas ist.
Unterdessen bekräftigte UN-Generalsekretär Kofi Annan, dass der Irak sich derzeit korrekt verhalte. «Offensichtlich machen sie (die Inspekteure) ihre Arbeit ungehindert. Deshalb sehe ich für einen militärischen Angriff zur Zeit keinen Grund», sagte Annan.
Die UN-Waffeninspekteure im Irak setzten ihre Kontrollen fort und besuchten allein am Silvestertag mindestens acht Einrichtungen, darunter Rüstungsbetriebe und zwei pharmazeutische Forschungszentren. Der irakische Präsidentenberater Amir el Saadi lud UN-Chefinspekteur Hans Blix schriftlich ein, Mitte Januar noch vor Abgabe seines Berichts im UN-Sicherheitsrat über die bisherigen Waffenkontrollen nach Bagdad zu kommen, um deren Verlauf zu erörtern. Stichtag für die Abgabe des Berichts ist der 27. Januar.
Die UN begrüßten die irakische Einladung. Ein Sprecher sagte, eine Reise von Blix sei eine «nützliche Idee». In der irakischen Einladung an Blix hieß es, Bagdad wolle außerdem über «kreative Möglichkeiten» sprechen, die Arbeit der UN- Waffeninspekteure auch in Zukunft zu erleichtern. Im Hintergrund steht eine Meinungsverschiedenheit über die Forderung der USA, irakische Wissenschaftler für Befragungen ins Ausland zu bringen.
Blair: Schwieriges und gefährliches Jahr
Der britische Premierminister Tony Blair warnte seine Landsleute in seiner Neujahrsansprache, dass 2003 «schwierig und gefährlich» werden könne. Die größten Gefahren seien der drohende Krieg gegen den Irak, das Risiko neuer Terroranschläge und die unsichere weltwirtschaftliche Lage. «Ich kann mich nicht erinnern, wann Großbritannien gleichzeitig mit so vielen schwierigen und - in einigen Fällen - gefährlichen Problemen konfrontiert war», sagte Blair. Was den Irak betreffe, bedeute das, die Entwaffnung von Präsident Saddam Hussein zu erzwingen, da die Welt sonst ein «sehr gefährlicher Ort» werden würde. Ebenso wichtig sei es, den Nahost- Friedensprozess voranzutreiben.
Iran wird für den Fall eines möglichen US-Angriffs auf den Irak sieben Lager für Flüchtlinge aus dem Nachbarland vorbereiten. Nach Angaben eines Provinzgouverneurs sollen die Lager an der Grenze zum Irak im Südwesten und im Westen Irans eingerichtet werden.