Irak Manöverkritik im Weißen Haus

Dass seine Irak-Politik nicht den gewünschten Erfolg zeigt, musste Präsident George W. Bush diesen Monat besonders schmerzlich erfahren. Taktische Änderungen werden jedoch bis nach den Kongresswahlen warten müssen.

Wegen der anhaltenden Gewalt im Irak schließt US-Präsident George W. Bush eine Änderung seiner militärischen Taktik nicht mehr aus. "Wir werden weiterhin flexibel sein und jede notwendige Veränderung vornehmen, um in diesem Kampf zu siegen", betonte Bush am Samstag. Ziel bleibe, die Aufständischen zu besiegen und eine eigenständige Regierung im Irak aufzubauen.

Bei weiteren Anschlägen starben am Samstag erneut dutzende Menschen - allein 16 bei einem Granaten-Angriff auf einen belebten Markt. Außerdem kamen weitere drei US-Soldaten bei Kämpfen ums Leben, womit der innenpolitische Druck auf Bush steigen dürfte. Unterdessen riefen schiitische und sunnitische Geistliche bei einem Treffen in Mekka zu einem Ende der Gewalt auf.

Der Sieg bleibt das Ziel

Bush sagte in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache, in den vergangenen Wochen hätten die Angriffe deutlich zugenommen. Ziel bleibe aber weiter ein Sieg im Irak. "Was sich ändert sind die Taktiken, die wir zum Erreichen dieses Ziels nutzen." Die Verstärkung der Truppen in Bagdad habe die Lage aber nicht wie erwünscht stabilisiert.

Bush beriet zudem mit seinem Stellvertreter Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sowie Generälen im Irak über das weitere Vorgehen. Schon zuvor hatte Bush betont, er wolle ungeachtet des innenpolitischen Drucks vor den Kongresswahlen keine grundsätzlichen Änderungen vornehmen. US-Außenministerin Condoleezza Rice bekräftigte dies am Samstag am Rande eines Besuchs in Moskau. Die US-Senatorin Olympia Snow - wie Bush Republikanerin - sagte indes der "Washington Post", sie zweifele nicht daran, dass es nach den Wahlen am 7. November eine Änderung der US-Politik zum Irak geben werde.

"Viele Möglichkeiten, Kritik zu üben"

Unterdessen hat ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira zufolge das Vorgehen seines Landes im Irak als arrogant und dumm beschrieben. "Wir haben versucht, im Irak unser Bestes zu geben. Aber ich glaube, es gibt viele Möglichkeiten Kritik zu üben, weil die USA zum Teil arrogant und dumm im Irak gewesen sind", zitiert der arabische Sender – den US-Vertreter. Das Außenministerium in Washington wies den Bericht zurück: Der Mitarbeiter der Nahost-Abteilung, Alberto Fernandez, sei falsch zitiert worden, sagte ein Sprecher.

Al-Dschasira hatte die angeblichen Äußerungen am Sonntag auf ihrer englischsprachigen Internetseite veröffentlicht. Demnach sollen die Worte von Fernandez ursprünglich bei einem Interview des Fernsehsenders in arabischer Sprache gefallen sein. Die USA seien bereit, mit allen irakischen Gruppen zu reden, um der Gewalt in dem Land ein Ende zu setzen, wird Fernandez zudem zitiert. Ausgenommen seien Verhandlungen mit der Extremisten-Organisation Al-Kaida.

Warten auf die neue Strategie

Angesichts der steigenden Zahl im Irak getöteten US-Soldaten wächst der Druck im US-Kongress und in der Republikanischen Partei Bushs, einen Kurswechsel einzuschlagen. Allein im Oktober wurden bislang 78 US-Soldaten getötet. Seit dem Einmarsch US-geführter Truppen in den Golfstaat im Jahr 2003 ist die Zahl insgesamt damit auf etwa 2750 gestiegen.

Viele republikanische Senatoren warten gespannt auf den so genannten Baker-Bericht. Der langjährige Vertraute der Familie Bush und frühere Außenminister James Baker soll Vorschläge für die künftige Strategie im Irak vorlegen. Die Veröffentlichung des Berichts ist nach den Kongresswahlen am 7. November vorgesehen. Bei der Wahl droht Bushs Partei der Verlust ihrer Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat.

Friedenspapier von schiitische und sunnitische Geistlichen

Bei Kämpfen in der Stadt Suwayra starben nach irakischen Angaben am Samstag acht Menschen, nachdem Anhänger des einflussreichen schiitischen Geistlichen Moktada Al-Sadr eine dortige Polizeistation angegriffen hatten. Ein Sprecher Sadrs sagte, dies sei die Antwort auf eine von den US-Soldaten unterstützte Razzia auf ein Büro Sadrs, bei dem sechs Menschen ums Leben gekommen seien. Der Vorfall verschlechtert die Lage von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der mit den USA zusammenarbeitet, aber auch Verbindungen zu Parteien mit Einfluss auf militante Moslems benötigt. Zudem verfügt Sadr im Parlament über eine größere Gruppe, die Maliki in wichtigen Punkten unterstützt. Sollte Sadr dies ändern, könnte dies die Regierung Maliki schwächen.

Auf einem Treffen in der den Moslems heiligen Stadt Mekka unterzeichneten dutzende schiitische und sunnitische Geistliche ein Dokument, in dem zum Ende der Kämpfe zwischen den Volksgruppen im Irak aufgerufen wird. Zudem wurde die Freilassung aller moslemischen und nicht-moslemischen Gefangenen gefordert. Welchen Einfluss das Papier haben wird, war zunächst unklar, da wesentliche Vertreter beider Richtungen sich nicht an dem Aufruf beteiligten wie etwa die Extremistengruppe Al-Kaida.

Reuters
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