Der Iran steuert Präsident Mahmud Ahmadinedschad zufolge nicht auf einen Krieg gegen die USA zu. "Warum sollten wir gegeneinander Krieg führen? Es steht kein Krieg bevor", sagte Ahmadinedschad in einem Interview des Fernsehsenders CBS, das am Sonntag ausgestrahlt wurde. Ahmadinedschad will in New York an der Vollversammlung der Vereinten Nationen teilnehmen und ist deshalb gestern zu einem Besuch in New York eingetroffen. Für politische Aufregung sorgte seine Absicht, eine Rede an der Universität von Columbia zu halten.
"Benötigen keine Atombombe"
Der Präsident bestritt erneut, dass die Islamische Republik nach Atomwaffen strebe. "Man muss anerkennen, dass wir keine Nuklearbombe benötigen", erklärte Ahmadinedschad zur Begründung. "In politischen Beziehungen heute hat die Atombombe keinen Nutzen", sagte er. "Wenn sie nützlich wäre, hätte sie den Zusammenbruch der Sowjetunion verhindert. Wenn sie nützlich wäre, hätte sie das Problem der Amerikaner im Irak gelöst. Die Zeit der Bombe ist vorbei."
Zum Vorwurf der US-Regierung, im Irak würden amerikanische Soldaten durch iranische Bomben getötet, sagte Ahmadinedschad: "Nun, das sagen die Amerikaner. Noch einmal, wenn Amerikaner irgendwo in der Welt ein Problem bekommen, dass sie nicht lösen können, beschuldigen sie andere, anstatt das zu akzeptieren. Es tut mir sehr leid, dass durch falsche Entscheidungen amerikanischer Verantwortlicher irakische Menschen und auch amerikanische Soldaten getötet werden."
Dann doch eine leise Drohung
Als CBS-Interviewer Scott Pelley bei dem am Donnerstag in Teheran aufgezeichneten Gespräch Ahmadinedschad vorhielt, er weiche seiner Frage aus, sagte der: "Wir sind hier nicht in Guantanamo. Wir sind hier nicht in einem Bagdader Gefängnis. Wir sind nicht in einem Geheimgefängnis in Europa. Wir sind nicht in Abu Ghraib. Wir sind im Iran. Ich bin der Präsident dieses Landes!"
Der Westen befürchtet, dass der Iran unter dem Deckmantel der friedlichen Nutzung der Atomkraft an Nuklearwaffen arbeitet. Da der Iran seine umstrittene Urananreicherung bislang nicht wie verlangt gestoppt hat, hat der UN-Sicherheitsrat verschärfte Sanktionen gegen das Land verhängt. Die ständigen Mitglieder des Gremiums beraten derzeit gemeinsam mit Deutschland über neue Strafmaßnahmen. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner hatte erklärt, die Welt müsse sich im Atomstreit auf einen Krieg vorbereiten.
Cheney wollte Iran provozieren
Die Zeitschrift "Newsweek" berichtete am Sonntag, US-Vizepräsident Dick Cheney habe erwogen, Israel um Raketenangriffe auf iranische Atomanlagen zu bitten. Die Zeitschrift berief sich auf eine entsprechende Äußerung von Cheneys Berater David Wurmser, die zwei nicht genannte Informanten zitierten. Demnach hätten die israelischen Angriffe iranische Vergeltungsschläge provozieren sollen. Sie wären der Vorwand für US-Angriffe auf den Iran gewesen, meldete "Newsweek".
Ahmadinedschad hatte vor seiner Ankunft in New York mit seiner Absicht einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, einen Kranz für die Opfer der Anschläge des 11. Septembers 2001 am Ground Zero niederlegen zu dürfen. Dies wurde unter Hinweis auf Sicherheitsgründe abgelehnt. In dem CBS-Interview sagte er zu seinen Beweggründen für einen Ground-Zero-Besuch, man bekunde mit einer solchen Geste Respekt. "Und vielleicht äußert man dort auch seine Ansicht über die Ursachen solcher Zwischenfälle."
Universität wollte ihn nicht ausladen
Am (Montag will Ahmadinedschad vor Studenten der Columbia University sprechen und sich auch Fragen stellen. Die Universität lehnte Forderungen nach einer Ausladung des iranischen Präsidenten mit Hinweis auf die Redefreiheit ab. Ahmadinedschad hat in international scharf kritisierten Reden die Zerstörung Israels gefordert und den Holocaust als Märchen bezeichnet.