Iranisches Atomprogramm "Bauplan aus dem Internet"

Die USA und Europa üben massiven Druck auf den Iran aus, sein Atomprogramm runterzufahren. Das Fenster der Demokratie sei nicht mehr lange offen, heißt es. Die iranischen Verantwortlichen verbreiten derweil kuriose Darstellungen über die Herkunft ihres atomaren Know-How.

In dem seit Jahren andauernden Streit über das iranische Atomprogramm drohen EU und USA nun mit dem Gang zum Weltsicherheitsrat: "Das Fenster für die Diplomatie ist noch offen, aber nicht mehr lang", sagte der britische Botschafter der Wiener Atomenenergie-Behörde IAEO, Peter Jenkins.

"Wir drängen Iran, Vorschläge für eine Zusammenarbeit bei der Urananreicherung anzunehmen." Wann das Fenster für die Diplomatie geschlossen werde, wollte Jenkins nicht sagen. "Es ist sicher kein Jahr", sagte er. Washingtons Botschafter Greg Shulte sagte: "Wir werden die iranischen Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag an den Sicherheitsrat melden. Aber wir wählen den Zeitpunkt."

Die IAEO berät am Freitag weiter über das Atomprogramm. Der Westen fordert von Iran einen Verzicht auf die Urananreicherung, weil hoch angereichertes Uran auch zum Bau von Atomwaffen verwendet werden kann. Vor allem die USA verdächtigen Teheran, insgeheim an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Iran hat das stets zurückgewiesen.

Die Vertreter der Europäischen Union und der USA hatten am Donnerstag die Haltung Irans ungewöhnlich scharf kritisiert. Dennoch soll in Zusammenarbeit mit Russland zunächst ein neuer diplomatischer Versuch unternommen werden, um Iran von der angestrebten Urananreicherung im eigenen Land abzubringen.

Die EU und die USA warfen Iran erneut vor, Informationen über sein 18 Jahre lang geheim gehaltenes Atomprogramm zurückzuhalten. Über die Bedeutung und Herkunft von Plänen zum Bau eines Atomkraftwerkes, die Iran schon seit den 80er Jahren besitzen soll, wird nun ebenfalls gestritten. Der iranische Botschafter sagte, die der IAEO ausgehändigten Pläne seien im Internet abrufbar. Experten bestreiten dies und bezeichneten die Informationen als streng geheim. Ein europäischer Diplomat sagte zudem, das Internet habe zu der Zeit, in der Iran die Informationen erhielt, noch gar nicht existiert.

Anderthalb Seiten unanspruchsvolle Informationen

Den USA und der EU zufolge ist die mehrseitige Anleitung zur Herstellung eines Uran-Kerns ein Beleg für das Streben der Islamischen Republik, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. "Die in den anderthalb Seiten enthaltene Information ist nicht sehr anspruchsvoll und leicht in öffentlich zugänglicher Literatur und im Internet zu entdecken", sagte der iranische IAEO-Botschafter Mohammed Mehdi Achunsadeh.

Diplomaten und Atomexperten widersprachen seiner Darstellung jedoch. "Die iranische Erklärung ist lächerlich und nicht glaubhaft. Das sind Geheiminformationen", sagte ein Nuklear-Spezialist der Umweltschutzorganisation Greenpeace der Nachrichtenagentur Reuters. Auch der US-Botschafter Gregory Schulte erklärte, der Plan stamme nicht aus dem Internet sondern von einem Netzwerk für Atomwaffen.

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Reuters/DPA