Israel hat im jüngsten Gaza-Konflikt erstmals angedeutet, im Austausch für einen verschleppten Soldaten gefangene Palästinenser freizulassen. Sollten der 19-Jährige freikommen und die Raketenangriff auf Israel eingestellt werden, sei eine Freilassung als Zeichen des guten Willens denkbar, erklärte am Freitag der Minister für Innere Sicherheit, Awi Dichter. Die radikale Moslem-Gruppe Hamas wies den Vorschlag umgehend zurück. Gleichzeitig bekräftigte die Gruppe, dass der Soldat am Leben sei und gut behandelt werde.
Im Gazastreifen gingen die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und militanten Palästinenser unterdessen weiter. Ärzten und Augenzeugen wurden dabei sechs Palästinenser getötet. Auf die israelische Stadt Sderot gingen mindestens fünf palästinensische Raketen nieder. Dabei wurden drei Menschen verletzt. Die Europäische Union warf Israel unangemessene Gewaltanwendung vor.
Radikale Palästinenser - darunter auch Mitglieder einer Untergruppe der regierenden Hamas - hatten den Soldaten am 25. Juni bei einem Angriff auf einen israelischen Militärposten verschleppt. Die Entführer verlangen die Freilassung gefangener Palästinenser. Israel hatte einen Tausch bislang abgelehnt und war zum ersten Mal seit dem Abzug vor einem Jahr in den Gazastreifen eingerückt. Ein israelischer Sprecher nahm zu der Frage nicht Stellung, ob die Regierung nun zu einem Tausch bereit sei.
"Unser Volk hat kein Vertrauen"
Der Hamas-Abgeordnete Muschir al Masri wies Dichters Vorschlag zurück. "Unser Volk hat kein Vertrauen in Gesten des guten Willens", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir reden im Moment nicht mehr über den vermissten Soldaten. Wir reden über 30 palästinensische Märtyrer und 100 Verletzte durch einen Akt der Aggression des israelischen Militärs gegen unser Volk." Ärzten und Augenzeugen zufolge sind bei dem israelischen Vorstoß bislang mindestens 37 Palästinenser und ein Israeli getötet worden. "Die Terroristen haben bislang einen hohen Preis bezahlt", sagte Israels Militärchef Dan Haluz zu dem Verlauf der Kämpfe.
Die Hamas erklärte dagegen, die "an unserem Volk begangenen zionistischen Massaker" seien nicht geeignet, um die Freilassung des Soldaten zu erreichen. Dies könne nur durch Verhandlungen erzielt werden. Der Mann werde entsprechend der Vorgaben des Islam gut behandelt. Bislang hat es keine Beweise gegeben, dass der Soldat noch am Leben ist. Die israelische Regierung geht jedoch nach eigenen Angaben davon aus.
EU verurteilt "unangemessene Gewaltanwendung"
Die Europäische Union (EU) übte scharfe Kritik an Israels Vorgehen im Gaza-Streifen. "Die EU verurteilt den Verlust an Menschenleben, der durch die unangemessene Gewaltanwendung der israelischen Streitkräfte verursacht wurde und die humanitäre Krise, die sie verstärkt hat", erklärte Finnlands Ministerpräsident Matti Vanhanen. Sein Land hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Die EU forderte die Freilassung des israelischen Soldaten, ein Ende der Raketenangriffe auf Israel und eine Freilassung der festgehaltenen Hamas- Regierungsmitglieder. Israel hat mehr als ein Drittel des Hamas-Kabinetts festgenommen. Die Gruppe hat sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben.