Serie: Trumps Rache Keine Lust mehr aufs Weiße Haus? Warum die Trump-Kinder nicht länger folgsam sind

Donald Trump Ivanka Trump Jared Kushner
Trumps Tochter Ivanka und ihre Familie ziehen sich aus dem politischen Rampenlicht zurück
© stern-Montage: Fotos: Allison Bailey / Picture Alliance/ DPA; Andrew Harnik / Picture Alliance / AP
Einst tauchten Ivanka Trump und Jared Kushner an der Seite des frischgewählten US-Präsidenten Donald Trump als Berater auf. Würden sie es nach der kommenden Wahl wieder tun? Das Paar hat dazu eine ziemlich klare Meinung.

Dieser Text ist Teil der Serie "Trumps Rache", in der unsere Reporterinnen und Reporter der Frage nachgehen: Was würde geschehen, wenn Donald Trump erneut ins Weiße Haus einzieht? In dieser Folge: Was würde eine Wiederwahl Trumps für seine Tochter Ivanka und ihre Familie bedeuten?

Er trägt ja jetzt Drei-bis-Sieben-Tage-Bart, und seine Sleekness ist auch nicht mehr, was sie einmal war. Die Haare, früher gänzlich gebändigt mit Kiehl's Clay-Pomade für 25 Dollar den Tiegel, dürfen sich nun etwas mehr Platz nehmen. Derart casual präsentierte sich Jared Kushner, Ehemann von Ivanka Trump, jüngst bei der NBA-Allstar-Partie in Indianapolis. Und davor auf dem 60. Geburtstag von Jeff Bezos. Und auf einem Businessevent der US-Newsseite "Axios". Es hat den Anschein, als ob sich der 43-Jährige schon rein äußerlich aus dem Orbit der Macht verabschieden wolle, in dem er Jahre lang gekreist war.

Ivanka in Marineblau mit mittelbraunen Stiefeln

Und sie? Sieht aus wie immer: dunkle Rehaugen unter blondiert-angewelltem Rich-American-Hair, frisch wie der Morgentau. Bei Bezos trug sie Roberto Cavalli, in Indianapolis ein einfarbiges marineblaues Outfit mit einer 2650 US-Dollar teuren Bottega-Veneta-Mini-Jodie-Handtasche und mittelbraunen Stiefeln, wie die Peopleseiten eifrig notieren. 

Sechs Jahre ist es her, dass sich die Tochter des damals mächtigsten Mannes der Welt an dessen Seite im Zentrum von allem bewegte. Wie selbstverständlich Platz nahm neben Angela Merkel, der damals mächtigsten Frau der Welt, um über Nato-Unstimmigkeiten und Probleme des globalen Handels zu diskutieren. Auf den Fotos von damals ist sie an diesem riesigen Konferenztisch im Weißen Haus zu sehen, neben einer Bundeskanzlerin, die die Neue amüsiert zur Kenntnis nimmt. 

Auch im Rückblick wirkt das Bild noch immer irritierend. Nicht nur, weil Ivanka mit Abstand als jüngstes und blondestes Mitglied in dieser grau-melierten Großkopf-Runde heraussticht. Aber auch. 

Donald Trump war zu dem Zeitpunkt, im März 2017, zwei Monate im Amt und hatte Tochter Ivanka mit 36 Jahren zur "Präsidentenassistentin" befördert. Sie, die studierte Ökonomin, verdiente bis dahin ihr Geld mit Modeln und dem Entwerfenlassen von Handtaschen. Als Trump-Tochter und Society-Frau war sie eigentlich ein Fall für die Boulevardblätter der Stadt, nun scharrte sich plötzlich die Weltpresse um sie.

Ivanka Trump dankt Angela Merkel auf Deutsch 

Tatsächlich trafen sich Angela Merkel und Ivanka Trump danach noch häufiger. So bei einem Deutschlandbesuch, als sich die New Yorkerin bei Siemens über das deutsche Ausbildungssystem informierte und noch Jahre später begeistert über den "Goldstandard der Ausbildung" referierte. Menschen ohne große Kenntnisse zu qualifizieren – etwa Gefängnisinsassen – machte sie zu ihrem Thema und schaffte es sogar, den konservativ dominierten Senat von einem anderen, zutiefst linksliberalen Vorhaben zu überzeugen: der zwölfwöchigen bezahlten Elternzeit für Staatsbedienstete.

Ivanka Trump Angela Merkel
Angela und Ivanka 2017 im Weißen Haus. Die beiden sind noch häufiger über den Weg gelaufen 
© Pat Benic / Picture Alliance

Als "First Daughter" reiste sie fortan um die Welt und wurde zur beliebten Gesprächspartnerin, zu einer Art It-Girl von Entscheidern und Herrschern. Denn Ivanka versprach einen schnellen und direkten Zugang zum leicht beeinflussbaren aber schwer erreichbaren US-Präsidenten. Wer eine Botschaft an ihn hatte, konnte sie über ihr Ohr platzieren. 

Obendrein war die Tochter in ungefähr allem das Gegenteil ihres Vaters: charmant, diplomatisch, vermittelnd, politisch offen und professionell. Nach ihrem Besuch der Münchener Sicherheitskonferenz 2019 bedankte sie sich via Twitter, jetzt X, bei Kanzlerin Merkel auf Deutsch – der Muttersprache ihres Opas Fred.

Was genau sie all die Zeit antrieb, blieb lange unklar. Persönliche Eitelkeit, politische Pläne, Schärfung der Marke Ivanka, lukrative Kontaktpflege für die Zeit nach dem Weißen Haus? Oder war es eine Art Pflichtgefühl, die sich aus dem Umstand speiste, eine Trump, ein Geburtspromi zu sein? 

Eine öffentliche Familie sind die Trumps schon, seitdem Patriarch Fred C. Trump aus den Jamaica Estates in Queens, New York City, Ende der 1930er-Jahre begann, seine Wohnungen und Häuser aufwendig auf Showbooten vor Coney Island zu bewerben. Die Kunst der Selbstdarstellung wird seitdem wie ein Staffelstab weitergegeben. Donald, Freds viertgeborenes Kind, brachte sie zur vorläufigen Meisterschaft. Mittlerweile besteht der Clan aus Dutzenden von Mitgliedern, und fast alle sind fester Bestandteil der Klatschseiten. Natürlich, und obwohl nicht annähernd volljährig, auch schon die drei Kinder von Ivanka und Jared: Arabella, Joseph und Theodore. 

Jared stammt aus einer anderen Liga

Auch die Ehe von Ivanka und Jared war kein Zufall. Denn beide haben lange das gleiche Leben geführt: das von New Yorker Kindern aus sehr reichen Immobiliendynastien. Wenngleich er aus einer anderen Liga stammt als sie. Die "Kushner Company", die Firma von Jareds Vater, ist mit rund sieben Milliarden US-Dollar mehr als doppelt so viel wert als die Trump Organization und nicht einmal halb so alt. Ohnehin scheinen die Kushners geschäftstüchtiger zu sein. So liegt Jareds Bruder Josh in der Forbes-Milliardärsliste mit einem Vermögen von 3,7 Milliarden Dollar lockere 30 Plätze vor Donald Trump.

Auf einen geradezu bescheidenen Kontostand blicken dagegen Jared und Ivanka. Nur 750 Millionen US-Dollar nennen sie ihr Eigen – erwirtschaftet unter anderem durch ihre Produktlinien und seinen Job in der väterlichen Firma. Mit einer kleinen Pause von ein paar Jahren. Nach seiner Wahl zum US-Präsidenten hat Donald Trump nicht nur die Tochter mit ins Weiße Haus geschleppt, sondern den Schwiegersohn gleich mit. Sicher war es dabei hilfreich, dass er aus einer jüdischen Familie stammt, die eng mit dem israelischen Langzeit-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu befreundet ist. 

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Unter dem Schwiegervater wurde Jared Chefberater, avancierte schnell zum Chefeinflüsterer und sollte unter anderem für nicht weniger als die Lösung des Nahostkonflikts sorgen. Gewohnt unbescheiden versprach Trump Netanjahu einen Frieden, der besser werden würde, "als ihr euch das je vorstellen könnt". Daraus wurde leider nichts. Dafür aber fädelte Kushner einen anderen, nicht weniger spektakulären Deal ein: die Abraham Accords Erklärung, mit der sich die lange angespannten Beziehungen zwischen Israel und muslimischen Staaten, allen voran den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain, normalisieren sollten.

Nur Jared Kushner konnte den Kontakt anbahnen

So wie einst nur Nixon nach China gehen konnte, konnte wohl nur ein orthodox lebender Jude wie Jared Kushner den Handshake zwischen Israel und muslimischen Staaten arrangieren. Nur der eigentümlich enge Kontakt zu Israels Erzfeind Saudi-Arabien warf Fragen auf. Ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt flog der berühmte Schwiegersohn in die saudische Hauptstadt, kurz darauf startete der damals gerade erst inthronisierte Herrscher Mohammed Bin Salman eine Säuberungswelle unter Oppositionellen. Schnell kam der Verdacht auf, Trumps Chefberater hätte entsprechende Informationen aus US-Geheimdienstquellen an Bin Salman weitergegeben – was er bestreitet. Nach seiner Washingtoner Zeit jedenfalls investierte der saudische Staatsfonds zwei Milliarden US-Dollar in eine von Kushners Firmen. 

Kushner weist die Vorwürfe von Mauschelei zurück. Stattdessen lobte er unlängst Mohammed Bin Salman auf einem Panel als "visionären Anführer", denn was in Saudi Arabien passiere, sei eine der "spannendsten Transformation, die wir gerade auf der Welt sehen", so der 43-Jährige. Ganz lassen von der großen Politik kann er offenbar nicht, auch wenn er sich mittlerweile nur noch auf seine diversen Geschäfte konzentriert – was sich natürlich keinesfalls ausschließen muss. 

Eine Rückkehr ins Weiße Haus für den Fall, dass sein Schwiegervater wieder US-Präsident werden sollte, komme für ihn aber nicht infrage, wie er jetzt wieder klarstellte: "Ich hatte das große Glück, mich Donald in der Regierung anzuschließen. Aber als Familie haben wir es auch genossen, aus dem Rampenlicht zu treten und hier unten in Florida mit den Kindern zu sein", so Kushner.

Genauso äußern sich seine Frau, die seit ihrer Heirat eigentlich Yael Kushner heißt, sowie der berühmte Familienchef. Bei Fox News antwortete Donald Trump bereits im Sommer vergangenen Jahres auf die Frage, ob er Ivanka und Jared wieder mit ins Wahlkampfboot holen wolle mit einem beherzten "Nein." 

Die Trumps verschwinden nicht mehr – selbst wenn sie wollten

Die Kushners ziehen sich zwar zurück aus dem Rampenlicht, aber nur ein bisschen. Genau genommen wechseln sie nur die Bühne. Oder landen darauf, denn sie gehören wie alle Trumps längst zum kulturellen Inventar New Yorks. Noch bis Mitte März läuft im Off-Broadway das Satire-Musical "Five" über das Liebesleben Donald Trumps. "Ivana, Marla, Melania, Stormy, Ivanka" heißt der Untertitel zur Show. Gemeint sind damit Trumps drei Ehefrauen, eine Affäre und eben seine Tochter. Sie passt nicht wirklich in diese Reihe – stimmt, aber was tut das schon zur Sache in dieser Familie?