Jassir Arafat Die Gnade des Erzfeindes

Seit zweieinhalb Jahren lebt Jassir Arafat faktisch unter Hausarrest in Ramallah. Jetzt wird der schwer erkrankte Palästinenser-Präsident zur Behandlung nach Frankreich ausgeflogen. Angeblich will Israel ihn auch wieder einreisen lassen.

Der schwer erkrankte palästinensische Präsident Jassir Arafat soll am Freitag zur weiteren medizinischen Behandlung nach Paris geflogen werden. Dies entschied das behandelnde Ärzteteam am Donnerstag nach einer Untersuchung Arafats. Die israelische Regierung erlaubte die Ausreise des PLO-Chefs, der seinen Amtssitz Ramallah im Westjordanland seit mehr als zwei Jahren nicht mehr verlassen hat. Arafats Frau Suha traf unterdessen im Hauptquartier ihres Mannes ein. Sie lebt in Paris und hat ihren Mann seit drei Jahren nicht gesehen.

Über Amman nach Paris

Zunächst war die jordanische Hauptstadt Amman als Behandlungsort genannt worden. Einer der 15 behandelnden Ärzte sagte aber nach einer Untersuchung Arafats, man sei zu dem Schluss gelangt, dass die beste Behandlung in Paris gegeben sei. Ein Vertrauter Arafats, Munnib al Masri, sagte später, der PLO-Chef werde am Freitagmorgen über Jordanien in die französische Hauptstadt geflogen.

Das Büro des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac erklärte am Abend, Frankreich habe nach einer entsprechenden Bitte der palästinensischen Autonomiebehörde einer Behandlung Arafats in einem französischen Krankenhaus zugestimmt. Die Regierung werde ein Flugzeug bereitstellen um Arafat nach Frankreich zu bringen.

Der 75-Jährige erlitt am Mittwochabend einen Zusammenbruch und verlor zeitweise das Bewusstsein, wie Mitarbeiter mitteilten. Am Donnerstag schlief er lange und hatte Schwierigkeiten, aufzustehen und Nahrung bei sich zu behalten. Außerdem wirkte er zeitweise verwirrt und litt an Durchfall, wie einer seiner Berater sagte. Spezialisten aus Jordanien, Tunesien und Ägypten waren an seinem Bett. Wegen seiner körperlichen Schwäche benutzte er einen Rollstuhl.

"Wir bereiten uns auf alles vor", sagte der palästinensische Kommunikationsminister Assam Ahmed dem Fernsehsender Al Dschasira. Ministerpräsident Ahmed Kureia rief den israelischen Regierungschef Ariel Scharon an und bat ihn, Arafat zur Behandlung ausreisen zu lassen, wie ein Berater Scharons mitteilte. Es war das erste Gespräch der beiden Ministerpräsidenten seit Monaten. Scharon habe einer Ausreise zugestimmt. Aus israelischen Sicherheitskreisen verlautete, Arafat könne im Anschluss an eine Behandlung wieder nach Ramallah zurückzukehren. In der Vergangenheit hatte Jerusalem stets erklärt, Arafat dürfe das Westjordanland zwar verlassen, aber möglicherweise nicht zurückkehren.

Spekulationen über einen Schlafganfall

In israelischen Regierungskreisen wurde spekuliert, Arafat könnte einen Schlaganfall erlitten haben oder an Krebs leiden. Seine Ärzte wiesen Berichte über eine Krebserkrankung am Mittwoch jedoch zurück. Ob ein Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit besteht, deren Symptome der 75-Jährige seit Ende der 90er Jahre zeigt, war unklar.

Die israelischen Streitkräfte arbeiteten unterdessen bereits an einem Notfallplan für den Fall, dass Arafat sterben sollte, wie das israelische Radio meldete. Befürchtet würden Unruhen in den Autonomiegebieten. Aus Sicherheitskreisen verlautete, Israel habe im Jerusalemer Vorort Abu Dis bereits einen möglichen Platz für Arafats Grab festgelegt.

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DPA/AP