Sie küssen sich. Sie mögen sich anscheinend. Sogar so etwas wie Respekt ist zu hören aus den kurzen Anmerkungen von Trump zu seinem Treffen mit dem EU-Mann Jean-Claude Juncker. Und doch muss man nur die gemeinsame Erklärung lesen, um zu verstehen, auf welch dünnem Eis sich diese gute Stimmung aufbaut. Schon im ersten Satz ist dort die Rede von dem Start "einer neuen Phase der engen Freundschaft, der starken Handelsbeziehungen, in der beide von uns gewinnen werden (sic!) und der gemeinsamen Arbeit für globale Sicherheit und weltweiten Wohlstand“.
Aha. Das muss man noch einmal explizit so formulieren? War das nicht die Grundlage der transatlantischen Beziehung seit Jahrzehnten?
Wenn dieses Treffen und die übergroße Erleichterung zwischen Börsen und europäischen Regierungszentren etwas zeigen, dann dies: wie sehr sich die Welt seit Trump verändert hat. Europa kann offensichtlich froh sein, dass ein US-Präsident wieder auf Vernunft hört und einen Handelskrieg, der allen schadet, im letzten Moment abwendet.
Trump kann nur mit Männern, die ihm passen
Doch wie lange wird dieser Moment halten? Bis Trump sich von Angela Merkel oder Emmanuel Macron wieder auf den Fuß getreten fühlt und im Gegenzug die angebliche Unfairness der Europäischen Union aufs Tablett hebt?
Denn auch das ist mehr als deutlich nach diesem Treffen in Washington: Trump kann nur mit Männern, die ihm passen.
Gott sei Dank ist Jean-Claude Juncker offensichtlich ein Mann, der Trump bezirzen kann, alter Haudegen wird er genannt, ein Politiker, der auf viele Gepflogenheiten nicht setzt. Der französische Präsident Macron hat dies in seinen Interaktionen mit dem US-Präsidenten auch versucht: Mit männerbündischem Schulterklopfen dem Wesen eines Trump so nahe zu kommen, dass der gar nicht anders kann, als ihm zuzustimmen.
Trump versteht sich aber mit seinem Gegenpart nicht deshalb, weil er dessen Politik für sinnvoll hält. Oder eine Eskalation in weltpolitischer Gesamtanschauung verhindern will. Oder auch nur das Beste für sein eigenes Land will. Dieses Treffen zeigt einmal wieder: Trump versteht sich mit dem, der ihn umgarnen kann. Der seine Eitelkeit bedient. Und ihm das Gefühl gibt, als Gewinner zu erscheinen, auch, wenn es gar nicht ums gewinnen geht.
Es geht nicht mehr um Politik oder gar Themen
Angela Merkel ist schlechter in diesem Spiel. Wie übrigens auch Theresa May. Und Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds. Ein Schelm, wer dabei denkt, dass es auch um die Frage Mann oder Frau geht.
Was lernen wir also daraus? Schicken wir Haudegen nach Washington, die im Zweifel kein Problem haben, mit dem größten Narzissten der Welt männerbündische Gemeinschaft zu demonstrieren. Es geht nicht mehr vorrangig um Politik oder gar um Themen. Es geht nur noch darum, den Trump zu zähmen.
Bis zu seinem nächsten Tweet.