Erst am Sonntag beendete die Wahlkommission des ostafrikanischen Landes die Zitterpartie für den 76-jährigen Wirtschaftsprofessor. Mit nur 200.000 Stimmen Vorsprung siegte Kibaki über seinen wichtigsten Herausforderer Raila Odinga von der Orangenen Demokratiebewegung, der zunächst vorne gelegen und den Sieg bereits für sich beansprucht hatte.
Der Sieg dürfte dennoch einen bitteren Nachgeschmack für Kibaki haben, nicht nur wegen der Vorwürfe der Manipulation und Wahlfälschung, die von Odingas Anhängern erhoben werden. Die Wahlen, mit mehr als 70 Prozent Beteiligung eigentlich ein großartiger Erfolg der noch jungen afrikanischen Demokratie, drohen von Chaos und ethnischen Spannungen überschattet zu werden. Nach Tumulten, Ausschreitungen und ethnischer Gewalt wird Kibaki beweisen müssen, dass er der Präsident aller Kenianer ist - und nicht nur ein Präsident der Kikuyu, seiner eigenen Volksgruppe.
Dass Odingas Orangene Demokratiebewegung vor Gericht Einspruch gegen das Wahlergebnis erhebt, gilt als so gut wie sicher. Kibaki wird mit dem Ruf leben müssen, er habe dem charismatischen und populären Oppositionspolitiker in letzter Minute den Sieg gestohlen. Und auch wenn internationale Beobachter wie etwa Alexander Graf Lambsdorff vom Beobachterteam der EU von überwiegend korrekten und friedlichen Wahlen sprechen - es gab Vorkommnisse, die Fragen aufwerfen.
Unvollständige Wählelisten
So konnten zehntausende Kenianer zunächst nicht wählen, weil ihre Namen auf den Wählerlisten fehlten. Prominentestes Opfer dieser Panne war Odinga. In etlichen Wahlbezirken stoppte die Wahlkommission zunächst die Abstimmung, weil nicht alle Kandidaten aufgelistet waren. Mehrere Wahllokale ließen keine Wahlbeobachter bei der Auszählunmg zu, und in einem Wahlkreis annullierte Landeswahlleiter Samuel Kivuitu die Wahlen kurzerhand: Die Zahl der Stimmzettel lag so deutlich über der Zahl der vorhandenen Wähler, dass es hier offensichtlich nicht mit rechten Dingen zugegangen war.
Wie anders war es 2002 gewesen, als Kibaki einen überwältigenden Sieg errungen hatte und die mehr als 20-jährige Herrschaft von Daniel arap Moi beendete. Der Führer der nationalen Einheitspartei galt damals als der große Hoffnungsträger. Die Kenianer hofften, Kibaki würde die allgegenwärtige Korruption ausmerzen Aber Kibaki blieb weit hinter den Erwartungen zurück, auch wenn Demokratisierung und Medienfreiheit unter seiner Regierung Fortschritte machten. Die wirtschaftliche Entwicklung wuchs beträchtlich - allerdings profitierte vor allem die Zentralprovinz von dem Aufschwung.
Dort leben die Kikuyu, die größte ethnische Gruppe im Vielvölkerstaat Kenia. Auch Kibaki ist ein Kikuyu, ebenso wie alle seine Vorgänger. In anderen Landesteilen, etwa in Odingas wirtschaftlich benachteiligter Nyanza-Provinz, sorgt das schon lange für Verbitterung. In den vergangenen Tagen und Nächten wurden Kikuyu- Geschäfte in den westkenianischen Städten Kisumu und Eldoret geplündert und Häuser niedergebrannt. Mindestens zehn Menschen wurden getötet. Kibaki hat die Wahlen gewonnen, doch der soziale Frieden in Kenia ist nach dem knappsten Wahlausgang seit der Unabhängigkeit in Gefahr.
Eva Krafczyk/DPA